Mittwoch, Oktober 18, 2006

Hilfe - ich werd diskriminiert

Hätte nie gedacht, mich einmal als Diskriminierungsopfer zu fuehlen. Jetzt fragt sich sicherlich der informierte Leser: Bist du farbig geworden, oder zum Islam uebergetreten und überhaupt, wer wagt es, dich zu diskriminieren? Gibt doch jetzt sogar ein Gesetz dagegen.

Meinen Opponenten stoert das nicht. Die deutsche Bahn gibt nämlich an die Partner von Inhabern einer Bahncard 100, die 300 Oecken im Monat kostet kostenlos eine Bahncard 25 aus. Geile Sache, wa?

Da Steffi in Besitz eines solchen Luxusteils ist, dachte sie: Tu meinem Freund was Gutes und lasse ihn eine 25er-Karte zukommen, so dass die Hannover-Besuche nicht so ins Geld gehen.

Also dackelten wir am letzten Sonntag frohgemut in den Service-Center der Deutschen Bahn. "Oh, Sie haben eine Bahncard 100", wurde meine Liebste hofiert. "Nein, kein Problem, Ihrem Partner steht eine Bahncard 25 zu." Unsere Endorphine quollen bis ueber die Haarspitzen hinaus.

Die freundliche Hoeflichkeit der Bahnangestellten broeckelte, als wir unsere Ausweise vorlegten. "Nein, so geht das nicht. Sie muessen in einem Haushalt wohnen, um die Bahncard 25 beantragen zu koennen." "Hä?", fragten wir unisono. "Wer will uns das vorschreiben?" "Sie duerfen natuerlich in getrennten Haushalten wohnen; dann gibts aber keine Bancard 25", eiste die Dame im blauen Overall zurueck.

"Moment", formte sich mein Gesicht zu einem verzweifelten Fragezeichen. "Wo liegt der Unterschied zwischen einem im selben Haushalt und einem woanders lebenden Freund?" - "Getrennter Haushalt, keine Bahncard", echote unser Gegenueber fast kafkaesk. "Ausserdem", triumphierte sie "Muss mindestens ein GEMEINSAMES Kind im gemeinsamen Haushalt leben. Bitte fuegen Sie saemtliche Kindergeldbescheide Ihrem Antrag bei."

"Wollen Sie auch einen Vaterschaftsnachweis?", sueffisantete Steffi mit nur marginal zornesgeroetetem Antlitz. "Na, besser waers, damit ihr Antrag rasch durchgeht", entgegenete der Funktionstraeger der DB humorlos.

Mittlerweile waren wir beide ein wenig aggressiv: "Hoeren Sie zu. Wir gedenken zusammenzuziehen, fuer immer zusammenzubleiben und unzaehlige Kinder zusammen zu haben. Aber die Bahncard wollen wir jetzt. Partner ist Partner, egal wo er wohnt!"
"Kein gemeinsamer Haushalt - keine Bahncard", langweilte sich die Schaltertrulla und blicke etwas genervt auf den Kunden hinter uns.

Ich dachte in diesem Moment, wenn nicht meinen Bahncardwunsch, so zumindest meine primitiven Rachegelueste zu befriedigen, und hatte schon den Regenschirm erhoben, doch hielt mich Steffi am Arm fest.

Nun werden wir in Kuerze in Gesellschaft eines Bildzeitungsreporters heiraten und werden die Bahn anprangern, die uns zu dieser etwas verfruehten Eheschließung durch ihre diskriminierende Preispolitik gezwungen hat. Oder wir fahren nie mehr Bahn, sondern nur noch Taxi. Nee, irgendwie ist mir dieses Staatsunternehmen nicht sympathisch. Ob tuerkische Fahrgaeste mehr zahlen muessen als albanische? Na, vielleicht entscheidet da auch die Kinderzahl.

Namaste Michael

Dienstag, Oktober 10, 2006

Eine uralte Kunst

Am Samstag weilten meine Zauberfee und ich einem Genuss allererster Guete bei. Einem Maerchenerzaehlabend in der Markuskirche in Hannover.

Das Erzaehlen von Geschichten ist ja eine uralte Tradition, scheint aber im Medienzeitalter in Vergessenheit geraten zu sein. Wie kunstvoll und unterhaltsam reines Erzaehlen sein kann, durften wir erleben.

Durch Mimik, Gestik und semantische Dichte wurden wir in die bunte Sagenwelt vergangener Zeiten reingebeamt und erlebten zwei Stunden glueckseliger Selbstvergessenheit.

Wer an einem guten Workshop zum Erzaehlen von Geschichten interessiert ist, moege sich Chris Mulzers Charisma Workshop zu Gemuete fuehren. Es lohnt sich wirklich und fasziniert zumindest mich mehr als der Freitagabendkrimi im ZDF.

Eine Maerchenerzaehlerausbildung wuerde mich auch reizen. Mal schauen, ob es so etwas auch im prosaischen Ruhrgebiet gibt.

Wer die Chance hat, sich von einem Erzaehlabend verzaubern zu lassen, sollte sich ins Reich der Gnome, Zauberer und unvorstellbar schönen Prinzessinen vom magischen Atem reinwehen lassen.

Donnerstag, Oktober 05, 2006

Salonmadame

Die kommende Bestseller-Autorin Felicitas Wille, ein absoluter Geheimtipp auf diverse Buchpreise, bloggt jetzt auch. Koennte tausende toller Sachen von dieser fantastischen Autorin und Frau erzaehlen, aber macht euch selbst ein Bild und fuehlt euch wohl auf ihrer Seite.

Alles Liebe Michael

Dienstag, Oktober 03, 2006

Hoehere Maechte

Manchmal wollen uns hoehere Maechte von Dingen abhalten. Warum ist oft zumindest fuer mich auf den ersten Blick nicht einsichtig.

So wollten Steffi und ich am Freitag zu einer indianischen Schwitzhuette in der Naehe von Wolfsburg. Wir beide strahlten pure Freude aus, so ein kraftvolles Ritual gemeinsam zu erleben. Ich konnte auch um 1 Uhr von der Arbeit verschwinden, so dass die Rahmenbedingungen sich von Anfang an optimal gestalteten.

Wir hatten uns am Braunschweiger Hauptbahnhof verabredet und ich startete. Die üblichen Baustellen auf dem Weg nach Hannover (die gefuehlten 50 km von Dortmund nach Hamm) passierte ich auch muehelos. Die kosmischen Kraefte schienen unser Vorhaben zu unterstuetzen.

Der Schlamassel fing hinter Hannover an. Staus bildeten sich, verkrusteten und loesten sich mysterioes fuer einen Kilometer auf, um neuen Verstopfungen Raum zu geben. Um eine lange Geschichte abzukuerzen, traf ich um 18.30 Uhr am Braunschweiger HBF ein. Dort fand ich Steffi wie verabredet im Burger King, relativ angespannt telefonierend. Marten, Steffis Sohn, zarte drei Jahre alt, war fuer diesen Abend der Obhut einer Tagesmutter uebergeben und schien krank zu sein. Er hielt sich das Ohr und verspuerte offensichtlich Schmerzen. Sollten wir nun zurueckfahren oder den eingeschlagenen Weg fortsetzen? Wir warteten den neusten Stand der Entwicklung von der Tagesmutter ab, Marten schlief, und entschieden uns schließlich mit etwas gemischten Gefuehlen, unseren Weg fortzusetzen.

Es waren leichte Woelkchen am Olymp aufgezogen. Doch der Clou des Abends sollte erst kommen. Am Braunschweiger Hauptbahnhof sind zwischen den einzelnen Parkplätzen Mulden eingebaut. Muede von der Fahrt und in Gedanken bei Marten und der Schwitzhuette startete ich meinen Wagen. Ich hoerte Steffi noch "nicht VORWAERTAFAHREN, nicht VORWAERTSFAHREN" rufen, wunderte mich kurz, warum sie auf einmal so draengelte und kawumm, drehten sich meine Vorderreifen in der Mulde. Weder ein Vor noch ein Zurueck war moeglich.

Jetzt hatten die Goetter unsere Fahrt endgueltig blockiert. Was tun? Ich erinnerte mich meiner Mitgliedschaft im ADAC und eine Stunde spaeter fuhr ein gelber Engel auf den Parkplatz, pruefte das Malheur und befand: "Kann Ihnen leider nicht helfen. Wenn Sie einen Parkplatz weiter versackt waeren, kein Problem. Aber hier. Sorry, da kann nur noch ein Kran helfen."

Ich schwankte zwischen hysterischem Lachen und Angst um das Wohlergehen meines Autos. Cirka eine halbe Stunde danach fuhr ein gigantischer Kranwagen auf den Parkplatz. Eine Viertelstunde spaeter hievte er mein Auto in den Braunschweiger Abendhimmel und bald darauf stand es endlich an einem Platz, der eine Weiterfahrt ermoeglichte. Schien auch alles in Ordnung zu sein.

Nun, die Schwitzhuette konnten wir knicken. Aber warum? Irgendetwas schien uns davon fernhalten zu wollen. Bisher ist mir der Sinn verschlossen geblieben. Aber es gibt ja noch andere Gelegenheiten, ein solches Event zu besuchen. Mal schauen, wie reibungslos der naechste Anlauf verlaufen wird.

In diesem Sinne bis demnaechst Michael

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