Donnerstag, März 31, 2005

Tag der Verluste - Kettcar fahren

Erlebnisreicher Tag. Kettcar im Holsterhausener Jugendzentrum gleich neben der Essener Jugendpsychatrie. Okay, ich hatte also keinen langen Heimweg.

Eigentlich dachte ich nicht, dass ich über diese grandiose Band noch weihevolle Worte verlieren müßte. Gestern nachmittag fragte mich aber eine Freundin: "Kettcar? Damit sind doch früher meine Kinder gefahren." Ich auch. Aber dieses kleine rote Gefährt, mit dem ich im Alter von fünf mit bereits stattlichen zwei Stundenkilometern durch die heimischen Felder gerast bin, ist nicht gemeint.

Kettcar ist die neue Hamburger Perle des Indie-Pops. Waren sogar auf dem Visions-Cover und in diversen Fernsehshows, was sicherlich kein Qualitätsmerkmal ist. Durch die Gnade der späten Geburts blieben mir solch zweifelhafte musikalische Vorbilder wie die Beatles (ist doch ein Auto, oder?) oder Abba (warum nennen sich Schweden nach einer Ruhrgebietskonjunktion?) erspart. Mein musikalischer Einstieg als Teen begann mit der NDW. Leider gab es dann fast zwanzig Jahre lang keine hörenswerte deutschsprachige Musik mehr.

Wenn Tocotronic für dich studentisches Selbstfindungswichse aus der Veganer-WG und Blumfeld dir zu kryptische verquast ist, dann greife zu Kettcar! Neben wunderschönen Melodien geht es hier um die kleinen Hindernisse und Problemchen, mit denen jeder normale Mensch zu kämpfen hat. Unaufdringlich und sympathisch.



Apropos kleine Hindernisse und Problemchen. Der helle gestrige Tag wurde von kleineren Zerstörungen und Verlusten überschattet.

1. Als mich Denise zum Abschied umarmte, übersah ich das Sektglas in ihrer Hand und feuerte es mit brachialer kinetischer Energie gen Boden. Trotz des hervorragenden Feng-Shuis des Ortes. Manche Dinge werden ich nie begreifen.

2. Seit der Euroeinführung erwarb ich zum ersten Mal ein Band-T-Shirt. 15 € - das ist ja geschenkt, dachte ich nur die Bordellpreise von Slayer und Co. gewohnt. Tut mir leid, aber 30 - 40 € für ein einfaches Shirt mit Bandlogo ist völlig unverhältnismäßig und Abzocke der Fans.

Ich hätte mich einfach nur freuen und keinerlei Bad Vibes mit dem Gedanken an unseriöse Merchandiser verschwenden sollen. Da die Temperaturen im JZ die einer finnischen Sauna überstiegen, und wir uns langsam in den gasförmigen Aggregatszustand verwandelten, stopfte ich meine Neuerwerbung in eine Jackentasche. Eine Viertelstunde später war das T-Shirt weg, dematerialisiert, heimtückisch gestohlen, ich weiß es nicht. Wir suchten das ganze Gebäude erfolglos ab. Ich hielt mich mühsam zurück, eine neues Shirt zu erwerben. Dann hätte ich doch 30 € ausgegeben. Ist vielleicht eine andere Taktik: Ich verkaufe zu einem vernünftigen Preis und klaue den Artikel, so dass der Kunde zweimal zahlt. Nee, ist nur Quatsch. Durch ein Wunder erhielt ich doch noch ein Shirt, ohne es zu kaufen. Wie ich das gemacht habe? Nun, das ist eine andere Geschichte.

3. Und auch das Tabakpäckchen, was ich mittags an der Tanke erwarb, war verschwunden. Habe heute morgen ein neues erworben und bin dabei den letzten gewaschenen Geldschein losgeworden. Gewaschen? Nein, nicht so wie ihr denkt. Habe einfach zum zweiten Mal in diesem Jahr mein Portmonnaie in der Hose gelassen, als ich diese der Waschmaschine überantwortete. Verwaschenes Geld sorgt immer für Aufmerksamkeit, wenn ihr euch fragt, wie ich komme ich mit Kassiererinnen ins Gespräch. Kleiner Tip zum Schluss. .-)

wollt ich leben oder sterben wie ein toastbrot im regen?


wie ein betrunkener hund im zorn ohne grund?


die erinnerungssplitter liegen herum


ich tret rein.


und verblutend am elbstrand, die getränke sind alle


noch ein letztes mal winken auf dem weg zur leichenhalle


immer zu wenig oder zu viel in mir


als man ankam wollte man werden, die geschichte schreiben,


die doofen sollten sterben, der plan als man damals nach hamburg kam



hasta la vista und einen sonnigen Donnerstag Michael

Montag, März 28, 2005

Neue Horizonte

Meine Schwester Ulrike startete am Dienstag nach Marokko durch. Mit dem Schwager als Reiseführer, kann das nur toll werden. Die kleine Schwester vergnügte sich erst in Brüssel, fuhr von da nach Hannover zurück und weilte zuletzt in Southhampton.

Wir Bressers sind halt Kosmopoliten. Irgendwie scheint die Welt für uns zu klein zu sein. Ich gehe heute aber kürzere Wege.

Zuerst ist die Eröffnungsfeier von Sanjas, Denises und Svens Bürogemeinschaft in Düsseldorf. Abends dann zu Kettcar in Essen. In zwei Stunden Konzert konzentrierte Melancholie genießen und wissen, wie gut es einem geht. Apropos gut. Letzte Woche erhielt ich Post von Elke, die mir untenstehende Fotos aus dem ägyptischen Museum mitschickte. Im Original sind sie natürlich viiieeeel schöner. Ägypten ist schon toll. Allerdings träume ich momentan davon, den amerikanischen Kontinent zu entdecken. Genau das Gegenteil von arabischer Mystik. Aber nur der Plus- und Minuspol als Gesamtheit ergeben einen Magneten, wie schon Platon zu sagen pflegte, oder war es Baghwan?





NLP Basix - auch für Ernst Kokuschinski

Viele wissen, dass ich mich u.v.a. mit NLP beschäftige - kaum einer, selbst ausgebildete NLP-Trainer wissen, wie wende ich NLP im Alltag an.

Letztens war ich in der Pommeskrippe von meinem Freund Ernst Kokuschinski. Er fragte mich: "Wo warst Du Jung? Watt zum Teufel ist NLP?" Ich sagte dann, das sei nicht so schnell zu beantworten, während er seine Currywürste drehte. Aber da ich jetzt etwas Zeit habe hier die Antwort; nur für Dich Ernst:

NLP ist ein Kommunikationsmodell und bietet einen Werkzeugkoffer, der dem versierten Anwender die Verständigung mit sich selber und anderen enorm erleichtert. Vielen Anwendern ist leider die Bodenhaftung verloren gegangen. Wie ihr an den letzten der Mails der beliebten und allseits bekannten NLP-Trainer Volker und Ingrid gesehen habt, wird da nur in abgehoben Moebius-Loops, regressed simplex installations und milton forwarding loop-analogies geschrieben. :-)
Der Leser merkt: da wird was mit einem gemacht, aber was und wozu, keiner weiß es. Daher jetzt mal zwei Besipiele für erfolgreich angewandtes NLP, dass es auch ein gewiefter Duisburger Geschäftsmann wie Du verstehst.

Modelling:

Das Modelling ist eine der NLP-Urtechniken. Du siehst, wie jemand anderes mit Strategien Erfolg hat und klaust diese. Dabei kannst du einerseits die gedanklichen Muster des Vorbildes analysieren und diese dann anwenden; oder dir diese in Tieftrance aneignen. Der Kollege Steve, erfolgreicher Schüler des englischen Meisterhypnotiseurs Paul McKenna wählte letztere Variante:

In Southhamppton gab er sich erfolgreich als der ehemalige Deep Purple Gitarrist Ritchie Blackmore aus. Er gab in Blackmores Namen Autogramme, erzählte jedem, wer er -seiner Meinung nach - sei und schrieb sogar einer Krankenschwester einen Song namens Smoke over Betty, kurz bevor er sich seiner Verhaftung in einem Krankenhaus durch Flucht entzog. Der plötzliche Aufbruch wurde durch Spenden versüsst, die er in Blackmores Namen für eine Organisation namens Wessex Heartbeat gesammelt hatte. Der echte Blackmore zeigte sich von der Aktion ziemlich unberührt und wunderte sich nur, dass Steve nicht jemanden berühmteren auserwählt hatte. Vielleicht hatte ja Blackmore McKenna mal die Freundin ausgespannt, und der rächte sicht mit einer bösen Installation in seinen Kursteilnehmern.

Teile-Arbeit

NLP geht davon aus, dass der Mensch mehrere Teile besitzt, die zum Gelingen eines Vorhabens beitragen oder es sabotieren können. Es ist daher sinnvoll, sich mit seinen Teilen auszusöhnen und auch ungeliebte Teile liebevoll zu respektieren.

Klingt das zu abgefahren? Ist es auch, aber es funktioniert. Ein erfolgreiches Beispiel ist Black Sabath Frontman und Soap-Star Ozzy Osbourne. Heute las ich im Videotext, dass Ozzy sich zwei Smileys auf die Beine tätowiert hat. Da er oft an Einsamkeitsgefüheln leidet, spricht er dann mit seinen Smileys. Ich finde es schön, wenn man auch im Erfolg immer an seine besten Freunde denkt. Wie sieht so eine Konversation zwischen Ozzy und seinen Freunden aus?

Smiley A: Ozzy, you fucking motherfucker. You're lonley?
Ozzy: Come on, fucker, shut the fuck up.
Smiley B: You fucker, you like the fucking Smiley A more than me.

Wären interessante Gäste für die nächste Osbourne-Staffel. Das ist natürlich eine radikale Anwendung des Teilemodells, aber Ozzy genoss auch eine extrem gute Ausbildung.

Ich weiß, Ernst, Deine Englisch-Kenntnisse sind rudimentär, wenn ich Dir ein Kompliment machen will. Aber ich bin mir sicher, dass Du die Basics jetzt intus hast.

Ich hoffe, Du hast diese einfachen NLP-Tools verstanden und siehst ihren Sinn für dein Leben.

Mit einem liebevollen haaaaaaaa (ein Anker, der Dir noch fehlt) und in Freude auf die nächste Gyros Pita Michael

PS: Alles was ich schreibe ist wahr, Inna, auf die eine oder andere Art. lol

Fight fire with fire

Zumindest Osterfeuer sind noch verlässlich. Menschenaufläufe wie zu besten Kreuzigungszeiten. Bewundernswert fand ich die Lernfreude kleiner Kinder ohne Rücksicht auf Verluste. Brennende Stöcker bieten für Kleinkinder eine solche Faszination, dass diese jedem in der Umgebung unter die Nase gehalten werden müssen. Ich durfte einige bestaunen und sehe daher etwas ramponiert aus. Aber Kinder brauchen freie Entwicklung um jeden Preis; dafür nehme ich gerne Opfer in Kauf.

Allerings flohen die meisten Leute bei einigen Regentropfen und eine Massenpanik besorgter Mütter setzte ein. Gott sei Dank passierte kein größeres Unglück. Dann konnte sich der harte Kern der Osterfeurer über die finnischen Köstlichkeiten wie Ayrysyrki und Maulpiykeynen hermachen. Lecker.

Gestern dann Eiersuche im elterlichen Garten, und ich besitze nun genug ovale Objekte, um meine Cholesteriensucht für die nächsten Jahre zu befriedigen. Schöner Tag. Lustig war es zu erfahren, dass meine Tante wegen eines von einem einheimischen Fahrer verurachten Verkehrsunfall einige Tage in einem pakistanischen Knast verbrachte. Die Auslösung kostete rund 30.000 Euro. Da denke ich immer, dass schwarze Schaf der Familie zu sein; aber da kann ich nun wirklich nicht mithalten.

Interessant fand ich Toms Mail. Worum geht es in dem angekündigten Shamanic Selling Workshop? Wo speziell liegen die Unterschiede im Verkauf des Neuköllner Schamanen im Vergleich zum indianischen oder Ruhrgebietsmedizinmann? Ich hoffe, Thomas, Du verlierst da noch ein paar erhellende Worte drüber.

Ansonsten erhole ich mich noch von den Feiertagsstrapazen und wünsche Euch einen wahnsinnig fantastischen Ostermontag

Liebe Grüße nach Timbuktu, Kualah Lumpur, New York, Neukölln oder wo Ihr Euch sonst gerade aufhaltet Michael

Samstag, März 26, 2005

Der Karfreitag ist verflucht

Hatte ich nicht gestern noch großkotzig getönt, der staatlich verordneten Karfreitagstrauerstimmung ein Schnippchen zu schlagen? Ich erinnere mich noch dunkel.

Also um 21.30 Uhr ein paar frisch geschlachtete Hühner eingepackt, den Schlangenstab geschultert und rein ins Voodoomobil. Passend zum Datum hatte mittlerweile auch strömender Regen eingesetzt. In Oberhausen-City angekommen auch sofort das Duckluft gefunden. Massig Andrang für eine relativ unbekannte Band, auch wenn sich King Khan unter anderem Mr. Supernatural nennt.

Rein in die Kneipe, aber irgendwie schien das Setting nicht auf ein stattfindendes Konzert eingetunt zu sein. Ich legte die Hühner und Schlangenstab beiseite und interviewte die Thekenbedienung. Antwort:
"Watt Konzert? Weiß ich nix von, kenn ich nicht. Hier bestimmt nicht."

Für einige Sekunden zweifelte ich echt an meinem Verstand. Wie konnte ich mich so vertan haben. Allerdings traf ich vor der Tür einen Kerl, der kompetenter wirkte. Schien der Druckluft-Chef zu sein. Er gab mir zunächst aber auch keine klare Antwort, sonder druckste nur verlegen rum. Dann rückte er mit der ganzen unbarmherzigen Wahrheit raus. Das Ordnungsamt hatte kurzfristig, d.h. am Donnerstag, das Konzert unter Androhung einer nicht zu knappen Konventionalstrafe verboten. Das Risiko sei ihm zu hoch gewesen.

Super was? Die Leute dürfen sich in der Kneipe bei CD-Beschallung die Birne vollaufen lassen, aber Live-Musik ist untersagt. Solche Entscheidungen werde ich wirklich nie verstehen.

Ich hoffe, dass das für heute angekündigte Osterfeuer bei Aiolis finnischer Dadja stattfindet.

In diesem Sinne einen tollen Samstag für euch und mich

alles Liebe Michael

Freitag, März 25, 2005

Rituale

Karfreitag ist der wichtigste christliche Feiertag im Jahr. Seltsamerweise ist das Wetter an diesem Tag fast immer schlecht. Die Aufführung von Kommödien und sonstigen gutlaunigen Veranstaltungen ist verboten, das kredenzte Essen ist meistens kärglich.

Jeder hat andere Rituale, um die Tristesse dieses Tages zu bekämpfen. Genosse Prym Aioli war ja wie bereits an anderer Stelle erwähnt in seiner finnischen Heimat zur Bärenjagd. Ausgerechnet am Karfreitag werden die besten Rentier- und Bärenschinken, sowie erlesene schwarzgebrannte finnische Vodkasorten verköstigt. Da wird der gesetzich verordneten Trauer ein Schnippchen geschlagen.

Ich hingegen werde wie jedes Jahr an wilden Voodooorgien teilnehmen. Die Götter der Loa kennen keine Gesetze, Verordnungen oder Richtlinien. Dazu bietet sich King Khan and his Shrines an, die im Oberhausener Druckluft für unglaublich günstige 8 € gastieren:

Flammendes Blech über brodelndem Basssud. Ein tobsüchtiges Elektrophon verbeißt sich in hypnotisches Schlagwerk. Wie ein tollwütiger Hurrikane treiben die Shrines ihr Publikum in ein Inferno aus Soul und R&B, Cajun und Boogaloo. Konvulsivisch zuckend, mit stierem Blick, in der Hand das hölzerne Zepter, den Voodoostab mit Totemschädel, regiert King Khan die neunköpfige Band. Konzerte wie Spirituale, wie okkulte Weihen. Unbestritten ist, King Khan and The Shrines haben die verlorenen Traditionen von Stax und Motown wieder gefunden, mit einer gemeinen Dosis Insubordination versetzt und so den Soul in die Garagen und den Punk in die Salons quer durch Europa getragen

Wer Lust und Laune hat, mich zu diesem Ereignis wilder Südstaatenmusizierfreude zu begleiten, melde sich kurzfristig. Schrumpfkopfsammlung polieren, Mojo aktivieren und los gehts in die Sümpfe Louisianas mitten im Revier.

Liebe Grüße Michael

Donnerstag, März 24, 2005

Die Gefahren des Ostersonntags

Es gibt Tage, die harmlos wirken; aber explosive negative Höhepunkte des Jahres werden können. Ostern ist so einer, Muttertag, Nikolaus, Weihnachten und Mutters Geburtstag die anderen. Intelligente Leser ahnen, worauf ich hinauswill: Mutter möchte an diesen Tagen auch eine Kleinigkeit geschenkt bekommen.

Geburtstag und Weihnachten ist ja selbstverständlich; aber ich brauchte einige Zeit, um zu begreifen, dass ein fehlendes Präsent an Ostern und Nikolaus latente Unzufriedenheitsgefühle bei meiner Mutter auslöst.

Meine cleveren Schwestern begriffen das früher als ich. Daher zierten an solchen Tagen Heiligenscheine die Köpfe meiner Schwestern, während über meinem Teufelshörner zu blitzen scheinen. Nach Nikolaus vor zwei Jahren habe ich es auch begriffen. Ich erhielt von meiner Mutter einen Schokonikolaus geschenkt, freute mich, bedankte mich und wurde danach nur noch angegiftet. Ich schien auch alles falsch zu machen. Ich fragte meine Schwester, was denn mit Mutter los sei und erhielt die Antwort, sie sei gekränkt, weil sie nichts zu Nikolaus von mir bekommen hätte. Als Mann muß einem das auch gesagt werden. Wie soll ich mit meiner einfachen Struktur den Vorwurf des Handtuchfalschaufhängens mit einem fehlenden Nikolauspräsent in Zusammenhang bringen, von dem mir nicht mal klar war, dass es fehlte und erforderlich war.

Seitdem sind solche Tage mit Erinnerungen in meinem Outlook versehen. Bereits drei Wochen vorher blinkt täglich die Aufgabe von höchster Priorität "Ostergeschenk besorgen". Doch was kann ich jemanden schenken, der materiell rundung glücklich ist, und ohne es zu wissen radikal Feng Shui gegen das Gerümpel im Alltag praktiziert?

Schwierig. Vor einiger Zeit hatte Annette die Idee, meiner Mutter zum Muttertag einen mechanischen Apfelschäler zu schenken. Ich beteiligte mich an diesem nicht gerade preiswerten Teil. Obwohl ich selber keine Äpfel schäle, war ich von diesem technischen Spielzeug fasziniert. In Sekundenschnelle erzeugte der Schäler selbst für manuelle Legastheniker wie mich einen einzigen langen Apfelschalenstreifen. Okay, kein praktischer Nutzen; aber fürs Auge toll.

Als ich Mutter am folgenden Wochenende besuchte, wurde ich mit den Worten begrüßt "Stell Dir vor, was Annette mir für einen Mist geschenkt hat. Was soll ich mit einem Apfelschäler? Kannst Du den bei Ebay verkaufen?" Als ich einräumte, ebenfalls für dieses Präsent verantworlich zu sein, dehnte sich ihr Missfallen auch auf ich aus. Wir hätten wissen müssen, dass sie keinen unnützen Krempel braucht. Okay, ein offensichtlicher Griff ins Klo.

Auch die wirklich ausgezeichneten und nicht gerade "billigen" CDs eines Chris Mulzer wurden in die Kategorie Krempel eingeordnet, denn sie wurden sofort Annette weitergeschenkt, worüber die sich natürlich einen Arm abfreute.

Ein Freund meinte einmal, der Akt des Schenkens sollte der Freude des Schenkenden und weniger der des Beschenkten dienen. Da hat er vollkommen recht. Ich schenke auch supergerne, allerdings fiel es mir bei meiner Mutter doch in der Vergangenheit sehr schwer, diese Freude aufrechtzuhalten.

Mittlerweile bin ich schlauer und erwerbe Geschenke in einem Ladeen, den ich sonst nie im Leben betreten würde: Dem Reformhaus. So betrat ich gestern diesen Tempel der unnützen Fressalien. Vornehme Atmosphäre. Die Inhaberin trug ein Monokel und fragte mich einige Male, ob ich eine Beratung bräuchte. Da ich nicht wie ein typischer Reformhauskunde aussehe, war ich per se verdächtig. Und da die Preise anscheinend in türkischer Lira ausgezeichnet waren, hätte man beim Klau von lediglich zwei Artikeln beim entsprechenden Wiederverkauf beim Hehler des Vertrauens den Wert eines nagelneuen Autoradios erzielt.

Ich entschied mich dann für 30 g ayurvedischen Aura Tee (2,99 €), 125 g schonend getrocknete Mangostreifen (3,55 €) 125 g glutanfreie fruchtig-süße Papaya-Stücke (3,25 €) und 750 ml Preiselbeer-Apfel-Schorle für läppische 2,30 €. Um Missverständnissen vorzubeugen: Beim Schenken kommt es mir nicht aufs Geld an. Allerdings habe ich im Reformhaus den Eindruck, wie beim Kauf einer Schachtel Zigaretten etwas für die Renten der Solidargemeinschaft und die Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu tun. Oder wie erklärt sich ansonsten ein Preis von fast 3 Cent für ein Gramm Mangostreifen? Und dabei haben die noch nicht einmal Kosten für Pestizide, Schwefel und was unser Körper sonst zum Überleben braucht.

Nun interessierte es mich, welche Zielgruppe das Geschäft anspricht, da ja kein normaler Mensch es sich leisten kann im Reformhaus Stammkunde zu sein. Außer mir war auch nur eine andere Kundin im Laden. Engländerin. Wenn ich die Kohle hätte, würde ich für getrocknete Papayastücke auch den Flieger von Manchester nach Düsseldorf nehmen, mich ins Taxi setzen, um mein Lieblingsreformhaus zu besuchen.

Jedenfalls liess ich mich überreden, ein Exemplar des Reformhaus-Kuriers, der laut Cover die Monats-Hits enthält, mitzunehmen. Es ist schier unbegreiflich, was dort für lustige Produkte propagiert werden: Muschel-Balsam für die Gelenke, Soja-Isoflavonen Klima-Aktiv-Kapseln mit Pillendöschen auf jeder Super-Sparpackung, Kiwizym Powerenzyme für die wirksamere Verdauung, Soja-Leberkäse, Lüneburger Tofuräucherwürstchen oder Pasta Chuta Nudelsauce Bolognese aus was weiß ich. Fernsehprediger Jürgen Fliege wirbt für Nachtkerzenöl zur Unterstützung des natürlichen Stoffwechsels der Frau. Was weiss Fliege über den Stoffwechsel der Frau? Hat mir schon zu denken gegeben.

Lustig: Nachdem man sich mit oben genannten Leckerlis gesundgestopft hat, kann sich der gesundheitsbewusste Reformhauskunde noch im Vital-Hotel Röther fitfasten. Müde, matt und schlapp? Nicht nach zwei Wochen Essensentzug am Bodensee.

Dies wirft natürlich die Frage nach dem Sinn dieser vollkommen überteuerten Produkte auf. Verschaffen sie wirklich mehr Gesundheit oder ist man nach dem Genuss von Dr. Grandles Memory PS Gedächtnislecithins so degeneriert, dass man andere Mittelchen einschmeißen muss, um ein halbwegs lebenswertes Leben zu fristen?

Ich bin mir nicht sicher. Sicher ist jedoch, dass ich mit meinen Geschenken euphorische Freude bei meiner Mutter auslösen werde und wieder die Freude des Schenkenden genießen darf.

In diesem Sinne frohe Ostern und alles Liebe von der Sonnenseite des Lebens

Michael

Mittwoch, März 23, 2005

Frust und Freude der Jobsuche

Wer schon einmal gezwungen war, sich einen Job zu suchen, weiß, diese Aufgabe ist momentan eher frust- als freudvoll.

So helfe ich gerade tatkräftig beim Aufbau der Abteilung Geisterjagd beim BKA in Wiesbaden mit. Tolle Sache: Ich verfüge quasi über ein unbegrenztes Budget und kann nach Lust und Laune per Internet Dämonenterminatoren, Vampireliminatoren und anderes obskures technisches Spielzeug erwerben.

Der Vampireliminator ist übrigens klasse. Besitzt die Größe einer elektrischen Zahnbürste, zwei Push-Buttons und ein rotes Lämpchen. Drücke ich auf den linken Knopf, scannt das Gerät das vor mir befindliche Wesen in zehn Metern Reichweite. Handelt es sich um einen Vampir, leuchtet die Lampe. Danach drückt der High-Tech-Geisterjäger Knopf zwei und der Vampir wird mit Kreuzen aufgeladene Energie bestrahlt und löst sich in seine Bestandteile auf. Nix mehr mit Holpflock durchs Herz rammen oder sonstigen unappetitlichen Geschichten. Kostet allerdings 4.9999 $, aber der Staat zahlt ja.

Leider ist meine Entlohnung recht mager, wie es bei Staatsjobs bis auf Politiker so üblich ist. Daher suche ich zur Zeit eine Zweitbeschäftigung. Dabei scheint ein Arbeitgebermarkt vorzuliegen. Das heisst, die Arbeitgeber besitzen die Marktmacht. So erhielt ich neulich von einem Unternehmen einen Fragebogen, den ich ausfüllen sollte, um zum weiteren Bewerberkreis zu zählen. In diesem wurde nach meinem Dienstgrad bei der Bundeswehr, Krankheiten und Vorstrafen gefragt. Die Möglichkeit, dass jemand nicht für das Vaterland im Schlamm gerobbt war, wurde gar nicht in Betracht gezogen. Wahrscheinlich bin ich als potenzieller Kandidat ausgeschieden, weil ich keine Vorstrafen vorweisen konnte. Mist.

Ich finde diese Fragen für die Auswahl von Bewerbern auch vollkommen ungeeignet. Lieblingsband, Lieblingsfilm, Lieblingsbuch sagen doch wesentlich mehr über den Charakter eines zukünftigen Arbeitnehmers aus. So könnte ich mit Leichtigkeit sofort alle Herr der Ringe Fans aus dem Applikantenpool aussortieren.

Die Lieblingsstellung beim Sex verrät, ob jemand abenteuerlustig ist und unternehmerisch denkt. Also Missionarsstellung = guter Lagerarbeiter; 514. Stellung Kamasutra = Abteilungsleiter.

Auch der Lieblingsfußballverein offenbart die Arbeitnehmerpsyche: Bayern München Fan= Papas Sohn, egoistisch, rücksichtloser Opportunist = guter Assistent der Geschäftsleitung. Rot-Weiss-Essen-Fan: Sozial engagierter leidensfähiger Networker = guter Chef Betriebsrat.

Frauen mit Doppelnamen sind gut in konfliktträchtigen Positionen aufgehoben. Eine Gabriella Schweinsteiger-Hundsbrückfeldenwaldau stirbt für ihre Ideen und tötet dafürjegliche sprachliche Ästhetik. Die Dame wäre gut als Liquidatorin aufgehoben.

Ich werde dies Thema in meiner Dissertation näher erläutern und muss euch bis zu deren Erscheinen vertrösten. Wenn ihr selber kreative Vorschläge für Fragen an die Bewerber habt, postet sie unter diesem Artikel.

Bis dahin liebe Grüße aus dem sonnig verträumten Ruhrgebiet Michael

Montag, März 21, 2005

Ein besonderer Tag

Was ist an diesem Tag so besonders? Hat Michael heute vom Lottoboten die Botschaft überbracht bekommen, dass er eine Millionen gewonnen hat? Haben sich die Rolling Stones aufgelöst, oder ist es nur ein sonniger Tag?

Nein, viel besser: Sanja hat heute Geburtstag. Happy Birthday nach Düsseldorf.

Sanja ist eine ganz bezaubernde Person, die nicht nur supernett ist und toll aussieht. Sie ist auch Dipl-Psychologin, Yoga-Lehrerin, NLP-Trainerin undundund.
Für ihre gerade neu gegründete Firma mit dem bezeichnenden Namen "Care 4 You" wünsche ich ihr viel Glück und kann sie nur wärmstens weiterempfehlen. Die Frau ist die personifizierte Kompetenz. Ist Bandler der Robert de Niro, Chris Mulzer der Dirty Harry und Julian Wolf das Krokoschnappi des NLPs, ist sie die Jessica Alba.

Für nähere Infos klickt einfach auf das Foto und schon steht ihr in der Düsseldorfer Praxis und könnt sie per Mail selber befragen, was sie für euch tun kann. Nochmals alles Liebe wünscht Dir Michael.

Zur geistigen Erbauung

"Wir sind Teil eines Ganzen, das größer ist, als du und ich", schießt es mir durch den Kopf, wenn ich wirklich begeisternde erleuchtende Seiten im Internet finde.

Ich erinnere mich dann an immer an Prof. Scherer, der auf die Frage "Woran erkennt man ein wahres Kundstwerk?" antwortete "Aus einem wahren Kunstwerk schimmert Seinstiefe." Aha. Ich fragte dann neugierig: "Woran erkenne ich diese Seinstiefe?" und er sprach mit erhabener Weisheit "Junger Mann, da muss man sich öffnen." So ähnlich müssen sich Buddhas Schüler gefühlt haben.

Die folgende Seite ist meine absoulte Lieblingshomepage im gesamten Netz; vollgepumpt mit Seinstiefe. Ein wenig textlastig, aber Bonmots und paradoxe Rätsel bis zum Abwinken. Ich könnte mich jahrelang auf den verschiedenen Unterseiten aufhalten, gibt es doch immer etwas Neues zu entdecken. Eine geistige Spielwiese für den offenen geistig aufgeweckten Weltbürger. Stolz erfüllt mich auch, dass die Seiteninhaberin aus meiner Geburtsstadt Gladbeck stammt. Geniesst und träumt.



Liebe Grüße und eine tolle Woche Michael

Sonntag, März 20, 2005

Beziehungen sind alles im Leben

Beziehung erleichtern vieles im Leben. Würde wahrscheinlich jeder unterschreiben. Reframed man den Begriff mit negativer Konnotation heißt es Seilschaft und erinnert an die fünfundsiebzigjährige Doppelspitze namens Mayer-Dingsbums im Vorstand des DFBs, der noch immer nicht genug Penunzen für die Rente angehäuft hat.

Doch positiv formuliert heisst es im Neudeutschen Networking. Klingt viel besser, was? Ein Netzwerk verschafft wertvolle private und geschäftliche Kontakte. Die Idee gefällt mir.

Allerdings besaß ich besher nur Freunde und Verwandte ohne nennenswerten Einfluss. Echt wahr. Okay, mein Vater war zwar Lehrer an der Schule, an der ich es mehr oder weniger problemlos bis zum Abitur geschafft habe, doch war diese Beziehung nützlich? Die meisten Lehrer gaben mir selbst in meinen Lieblingsfächern eher reservierte Noten, weil sie den Sohn des Kollegen nicht bevorzugen durften.

Ich kann es ja heute gestehen. Gedichtsinterpretationen waren mir immer ein Greul. Warum nicht die häusliche Beziehung nutzen? Ich reichte während meiner Schulkarriere drei Interpretationen meines Vaters ein. Durch ein verzweifeltes "Papa, kannst du mir mal eben helfen?" ließ sich das Vaterherz leicht erweichen. Allerdings bewerteten die Kollegen meines Vaters seine Leistungen genauso zurückhaltend wie meine: Eine drei plus und zwei Vierer sprangen raus. Ich habe es ihm nie erzählt, denn der vorprogammierte Ärger hätte mir die gesamte gloreiche Zukunft kosten können. Also Gedichte wieder selber interpretieren ohne Networking.

Ich hatte schon die Hoffnung aufgegeben, jemals von einer nutzreichen Beziehung im Leben zu profitieren; mich als im Sonnenschein aalender Amigo zu fühlen. Da erzählte ein Kumpel neulich von seinem Job. Ich hatte ihm früher mal eine Stelle als Aushilfsfahrer bei meinem damaligen Arbeitgeber verschafft. Okay, die Stelle war eine Qual. So wurde er ohne Straßenangabe mit einer Fuhre Parkett nach Essen geschickt mit dem Hinweis: Er solle an der Tankstelle nach einer Baustelle fragen. Die wüßten Bescheid. Wer nur ein bisschen Ortskenntnis von Essen hat, weiß, es gibt in der 600' Einwohnerstadt einige Tankstellen und einige Baustellen. Nach acht Stunden kam er entnervt zurück, sagte dem Bauleiter, die Baustelle sei in Essen unbekannt und kündigte. Seine Courage hat mich insgeheim gefreut, obwohl ich einen neuen Fahrer suchen mußte.

Dies tat unserem guten persönlichen Verhältnis jedoch keinen Abbruch. Und heute arbeitet er bei einem großen Mineralölkonzern. Und während er so in heimeliger Kneipenathmosphäre erzählte, meinte er auf einmal: "Ich kann alles über jeden Mitarbeiter unseres Unternehmens herausfinden. Alle Daten gehen über meinen Schreibtisch."

'Hm' dachte ich. 'Beziehung! :-)' Aber wofür nutzen? Da fiel mir eine hübsche Kassiererin in der Tankstelle bei mir um die Ecke ein. Ich meinte "Dann sieh doch mal zu, was Du über die rausfinden kannst. Ich nehme alle Infos. Ich weiß allerdings nur, dass sie mit Vornamen Nophretete heißt." Den Namen habe ich natürlich aus Datenschutzgründen geändert. Jedenfalls entgegnete er "Kein Problem. Morgen weißt Du alles über sie."

Ich hatte eine schlaflose Nacht. Wie konnte ich die Infos anwenden. "Hi N., Du siehst aus als wärest Du vom Sternzeichen her Skorpion. Schade, dass Du Deiner Nasenspitze nach zu urteilen geschieden bist. Männer sind auch Schweine, bis auf mich." Eventuell waren ja nicht nur Hardfacts wie Geburtsdatum, Familienstand und Adresse zu erfahren, sondern auch die Ergebnisse eines psychologischen Einstellungstests.

"Baby, ich kenne Dich genau: Wenn Du eine Blume wärst, dann nur die madagaskanische Schwertlilie. Ein Tier, Libelle, weil die glücklich durchs Leben schweben. Eine Band, Klee, weil deren leicht melancholische Texte Dein Lebensgefühl widerspiegeln. Ein Auto, Jaguar, weil er genausoviel Klasse wie Du besitzt."

Und sie würde innerlich vor Ehrfurcht erbeben und denken: "Endlich ein Mann, der mich ganz genau kennt. Und dabei sehe ich ihn höchstens alle drei Wochen, wenn er Zigaretten kauft. Wie das nur macht."

Spätestens zu diesem Zeitpunkt dürfte dem letzten zweifelnden Leser klar sein, dass Networking eine supergeile Sache ist. Und auf meinen Kumpel war Verlass. Prompt traf am nächsten Tag eine Mail mit dem Betreff Nophretete bei mir ein. Ich goss mir einen frischen Latte Macciato ein. Genoss einen Schluck. Zündete mir eine dicke Zigarre aus Kuba frisch aus dem Humidor an. Und dann: Mit zitternden Fingern öffnete ich die glückverheißende Botschaft.

"Die Tussi hat leider nicht die Miarbeiterzeitschrift abonniert. Überrede sie dazu, oder ich kann nichts über sie herausfinden. Tut mir Leid."

Die bereits in Zement gegossenen Träume zerbröckelten in Sekundenschnelle und ich fragte mich, ob ich jemals eine reibungslos funktionierendes Netzwerk aufbauen könnte. Wer mehr Glück mit Networking als ich hatte, möge seine Erfahrungen posten.

Ich habe aber die Hoffnung (noch) nicht aufgegeben und wünschen allen einen sonnigen Sonntag

Liebe Grüße Michael

Samstag, März 19, 2005

Boah Boa!

Ich starte heute mit zwei Synonymen, die kombiniert ein drittes Synonym ergeben. Wer meinen Hang zu platten Witzen kennt, ist nicht weiter verwundert. Meistens dehne ich sie sogar auf 240 Seiten auf und nenne sie Roman. Ups, jetzt kennt jeder das Erfolgsgeheimnis. Egal.

Zwanzig Jahre Independent. Ist das echt schon so lange her? Anscheinend. Meine letzte Boa-Scheibe war "Lord Garbage" ohne Gesangs- und Lebenspartnerin Pia. Die war ganz nett, die CD meine ich. Ist das nicht das Schlimmste, was man über jemanden sagen kann. Du bist ganz nett oder dein Anblick tut mir nicht weh? Ich hasse / liebe dich deutet immerhin auf eine wieauchimmergeartete Beziehung zu der Person / der CD hin. Aber Ganznettsein = Scheißegalsein. Daher konnte ich mich auch danach zum Kauf keiner Boa-CD mehr zwingen. Ein Fehler? Jedenfalls zog mich eine unsichtbare Kraft machtvoll zu diesem Konzert. Schließlich habe ich viele prägende Ereignisse mit musikalischer Boabegeleitung erlebt: Die erste Alkoholvergiftung, die Nacht im Knast und den Abiskandal um nur die harmlosesten zu nennen.

Um neunzehn Uhr dreißig startete mein Jaguar Richtung Essen, um neunzehn Uhr fünfzig stand ich an einer Ampel auf der Wilhelm-Niesswand-Allee (wer zum Henker ist eigentlich Willi Niesswand?). Eine silberne Familienkutsche von Renault oder so parkte neben mir. Der Fahrer drehte das Seitenfenster runter und fragte mich:

"Ey, Alter, bisse aus Katernberg?"

Für Ortsunkundige. Katernberg ist ein Essener Stadtteil irgendwo zwischen Altenessen und Steele glaube ich. Ich war nur einmal dort. Als Sechsjähriger begleitete ich meine Eltern, die dort einen Staubsauger reparieren liessen. Das graue Gschäft lag in einer grauen Strasse und das Allerschlimmste: Der graue Staubsaugerreparierer verkaufte bunte Nicole-CDs. Da stand schon im Knirpsalter für mir fest: Hier willst du nie wieder hin.

Allerdings konnte ich die Frage rein intelektuell nicht begreifen. "Sehe ich so aus", fragte ich.

Hier ein Foto von mir (links) mit einem begeisterten Fan nach einer Lesung:



Hier ein Foto des typischen Katernbergers Mitte März nach Beendigung des Winterschlafs:



Frappierender Unterschied, was? Er verneinte meine Frage. Hatte er noch mal Glück. "Wie komme ich denn nach Katernberg?" - "Immer geradeaus", riet ich. Pech für ihn, dass ich so ehrlich aussehe, denn er folgte meinem Ratschlag. Hoffentlich durchfährt er im Laufe der Woche die Stadtmauern dieses reizenden Fleckchen Deutschland.

Jetzt aber zum Konzert. Vorbands sind ja in der Regel eher eine Plage als eine Wonne. Bei Kreator fand ich einen Opener gut, einen er- und den letzten unerträglich. Eigentlich ein Grund eine Minderung des Kartenpreises zu verlangen.

Timid Tiger aus Köln waren aber grandios. Fast jeder Song ein Hammer und eine unheimlich sympathische Bühnenpräsenz. Ich hätte alle Tonträger von ihnen erworben, aber leider gibt es die komplette CD erst im März. Momentan ist nur eine Single auf dem Markt. Verspielter britischer Pop, der gute Laune macht, passt es für mich am ehsten. Aber kein Britpop! Ich werde auf jeden Fall weitere Konzerte der Jungs besuchen.



Boa mischte alte und neue Songs hälftig. Da die neueren Sachen teilweise auch wirklich gut waren, bedauere ich ein wenig, ihn aus den Augen verloren zu haben. Aber das wird nachgeholt. Versprochen. Die sehr ruhige und mysteriöse Version von "Fine Art in Silver" war mein persönlicher Höhepunkt, aber auch die beiden Velvet-Underground-Cover waren nicht von schlechten Eltern. Wenn ihr meine Musikgeschichte der Popmusik aufmerksam gelesen habt, wisst ihr ja, dass es in den Sechzigern nur drei gute Bands gegeben hat: Beach Boys, Doors und Velvet Underground. Danach gab es erst wieder hörbare Mucke in den Achtzigern. Jedenfalls keimten diverse Nostalgiegefühle im mir auf. Ein packendes Konzert.

Nun, auf dem Rückweg irrte ich allerdings wie der Katernbergpilger durch die Gegend. Da war ein großer, unübersichtlicher und vor allem völlig unnötiger Kreisverkehr, in dem ich anscheinend die falsche Ausfahrt wählte. Auf einmal war ich in Gelsenkirchen an der Trabrennbahn. Gott sei Dank hab ich keinen wie mich getroffen, der mir den Wez zeigte. Denn jetzt bin ich ja wieder zu Hause, wie ihr an diesen Zeilen lesen könnt. Ich habe gelernt: Schick keine Asi in die Irre!

Genug gelernt für heute. Einen wunderschönen Samstag Michael

Donnerstag, März 17, 2005

Amis sind paranoid!

Ich habe dank "Feng Shui gegen das Gerümpel im Alltag" jeglicher Sammelleidenschaft abgeschworen. Alte Zeitschriften werden weggeschmissen, alte CDs und Bücher bei Ebay reingestellt. Weg mit dem sinnlosen Plunder. Ich dachte, das Buch wirkt bei Lektüre der ersten Seite. Meine Schwester erhielt das Buch zu Weihnachten und fing schon mit Ausmisten an, bevor sie ein Wort gelesen hatte. Es gibt kein wirksameres Buch auf der Welt, um Menschen zum Handeln zu bringen. :-)

Nun. Eine Leidenschaft habe ich schon. Sogenannte Chi-Generatoren. Chi ist eine feinstoffliche Energie, die man entweder fühlt oder nicht. Kommt drauf an, wie sensibel man ist. Physikalisch messbar ist sie bisher nicht. Es gibt dafür unzählige Namen aus allen Religionen und von diversen Forschern. Wilhelm Reich war der erste, der Geräte baute, um sie mechanisch zu erzeugen, sogenannte Orgonakumulatoren. Er führte auch Experimente durch, bei denen mit Hilfe seiner Geräte "unheilbar" Kranke geheilt wurden oder Regen in der Wüste von Arizona erzeugt wurde. Es klappte nicht immer, aber doch zu oft, um Zufall zu sein.

Reich war vor den Nazis über Skandinavien in die USA geflüchtet. Es wäre ja noch nicht mal das Schlimmste gewesen, wenn seine Experimente nur belächelt worden wären. Nein, die FDA liess sein Laboratorium zerstören und seine Bücher verbrennen. Und das in der freien Welt. Reich selber wurde wegen Missachtung des Gerichtes, das über seine Forschungen zu urteilen hatte, ins Gefängnis gesteckt, wo er verstarb.

Wer einen einfachen Orgonakumulator selber bauen will: Umwickelt ein Kupferrohr abwechselnd mit Papier und Alufolie bis mindestens sieben Schichten das Rohr umgeben. Dieses Rohr erzeugt nun Orgon. Fühlt sich für mich wie ein kühler Lufthauch an.

Nun. Die Forschung ist natürlich fünfzig Jahre nach Reich weiter. Allerdings beschäftigen sich bisher nur Desperados mit dieser faszinierenden Materie. Mittlerweile wird Orgonit aus Metall, Harzen, Kristallen, Steinen und Kräutern hergestellt. Jeder Produzent hat seine eigene Mixtur. In einem Chigenerator wird diese Mixtur mit Strom und Tönen geflutet, was den Energieoutput spürbar erhöht. Man kann die Gerät vielseitig nutzen: Heilung, Magie, Erhöhung der Körperenergie, Umwandlung der Raumenergie, und, und, und...

Ich erzähl bald mal von meiner radionischen Monaco-Expedition.

Zum Kern der Geschichte: Ich hatte einen Chi-Generator in Amerika bestellt. Gestern schrieb mir Ernie Vega, der Hersteller: Er hätte diverse Probleme mit dem amerikanischen Zoll gehabt. Sie hätten nicht verstanden, was das für ein Gerät sei, und würden es für eine Waffe halten. Schließlich hätte er ihnen verklickert, dass es wertlose (!) Kunstgegenstände seien, die eigentlich wie Tiffany-Lampen aussehen sollten. Das hätten sie dann geschluckt. Ich solle bei Rückfragen dieselbe Geschichte erzählen.

Was mich wirklich an der Geschichte erstaunt: Es kann den Amis doch egal sein, was aus Amerika rausgeht, oder? Sie scheinen sich doch mehr Sorgen um ihre Verbündeten zu machen, als man gemeinhin angenommen hat. Oder genieße nur ich diese Fürsorge?

Ich fühle mich jedenfalls geehrt und wünsche allen ein tolles Wochenende Michael

Zurück in die Zukunft

Morgen bin ich in Sachen Age-Regression unterwegs; eine Reise zurück in die frühe Jugend als die ganze Welt noch offenstand. Nun, steht sie ja jetzt noch; aber die lustig anmutende Borniertheit der Teens, die alle über zwanzig als alt empfinden, kommt nicht mehr zurück.

Alter ist sowieso mehr innerer Zustand als eine Zahl im Pesonalausweis. Es gibt wirklich mehr Leute als man denkt, die es mit Anfang dreißig noch cool finden, Sozialhilfe zu beziehen und ihr Leben zu verpennen. Diese inneren Einstellungen spiegeln sich meistens auch nach außen wieder. Daher sehen die meisten Talkshowgäste, die klären müssen, ob jetzt Harry, Tom oder Kevin der Vater ihres Kindes ist, mit einem passbestätigten Alter von achtzehn wie Anfang vierzig aus. Jetzt wisst ihr es.

Nun, am Freitag spielt Philip Boa & the Voodooclub in der Zeche Carl in Essen. War mit siebzehn mein erstes Konzert. Obwohl die Jungs aus Dortmund kamen, verhieß schon der Name große weite Rock'n'Roll-Welt. Ich hoffe, sie haben noch den früheren Drive und sehen nicht wie die jüngeren Geschwister der Rolling Stones aus.

In diesem Sinne alles Liebe und bis bald Michael

Es gibt keine Zufälle!


Gestern nahm ich den Coolibri aus dem Ticketshop mit. Nachdem ich den
Kettcar-Artikel gelesen hatte, schlug ich die CD-Reviews auf und fiel vom
Stuhl: Billy Idol bringt nach mehr als 10 Jahren eine Scheibe mit neuen
Songs raus. Ich kann es nicht fassen. Die letzte offizielle CD war -wenn ich
mich recht erinnere- die Cyberpunk in '93. Die neue heißt Devil's
Playground, kommt Ende März raus und erhält frenetische Kritiken.

Seltsam: Just als Mickey Idol "Sex! Sweat!! Teens!!!" veröffentlicht, kommt
der alte Billy mit einer eigenen Scheibe raus. Wirkt, als wolle er beweisen,
dass er nicht nur Geschichte ist.

Wie entstehen solche "Zufälle"? Ich denke, es hat was mit den
morphogenetischen Feldern zu tun. Zur gleichen Zeit tauchen ähnliche Dinge
völlig unabhängig voneinander irgendwo auf dem Globus auf. Faszinierend.

In diesem Sinne make life magick Michael

Dienstag, März 15, 2005

Wundervolle Genesung

Nachdem mich einige hundert besorgter Mails erreicht haben: Es geht mir wieder gut. Es gibt Schlimmeres im Leben als den GP Vorentscheid.

Außerdem war das verlängerte Wochenende sportlich ein voller Erfolg.
Schalke hat Bayern geschlagen. Dortmund wurde gestern vor der Insolvenz gerettet und Rot-Weiss hat am Sonntag Karlsruhe geschlagen.

Das ist ein interessantes Phänomen. In der Vorwoche spielte Essen den Aufstiegsfaovuriten aus Frankfurt an die Wand und verlor 1-0, auch noch durch ein Eigentor.
Am Sonntag spielte Essen gegen einen schwachen Gegner aus Karlsruhe miserabel und gewann. Was lehrt mich das? Sollte man sich manchmal weniger Mühe geben, um erwünschte Resultate zu erzielen? Manchmal finde ich das Leben schon seltsam.

In diesem Sinne bis bald und einen tollen Tag Michael

Montag, März 14, 2005

Sonntag krank - Grand Prix sei Dank

Toller Reim, toller Sonntag. Ich benötigte den kompletten Tag, um mich von der grandiosen Sendung Germany 12 Points zu erholen.

Anfangs dachten wir, die Verleihung des deutschen Comedypreises eingeschaltet zu haben. Einziger Bewerber: Reinhold Beckmann. Wenigstens hatte er sich gründlich vorbereitet: Das Niveau seiner völlig unverständlichen Witzchen kann nur auf diverse Näschen Koks zurückzuführen sein. Koks macht doch auch geil, oder? Dazu passte, dass er jeder Sängerin betatschte, die nicht bis drei auf die Bäume kam. Immerhin brauchten sich Ex-Spice-Girl Emma und die ukrainische Vorjahressiegerin über Aftershowaktivitäten keine Gedanken machen. :-)

Ralph Siegel war auch wieder dabei, als wären die Zeiten nicht schon schlimm genug. Erst unter Pseudonym eingereicht, outete sich der gute Ralph. Harz 4 machts nötig. Das von Nicole Süßmilch und Marco Matias vorgetragene Duett zeigte, dass Siegel nichts dazugelernt hat. Dieselben Schmonzetten wie schon vor zwanzig Jahren. Gott sei Dank wurde er knapp zweiter Sieger.

Peinliche Höhepunkte:

>>Allee der Kosmonauten: Nach einem Leben zwischen "Sex, drugs and Rock 'n' Roll" folgte der Wandel. Heute ist das Duo unterwegs im Namen des Herrn.<<

Sagt eigentlich alles.

Ellen ten Damme. Das von Udo Lindenberg geschriebene Lied ist wirklich unglaublich.
Jeder weiß, dass der Mann seit Jahrzehnten Hardcorelakoholiker ist. Wer kommt auf die Idee, dass ein solches Lied internationales Potenzial besitzt?

Ellen ten Damme "Plattgeliebt"

Ich greif zum Telefon
Ruf an im Pentagon
Mein Mann kann nicht kommen
Mit seinen weichen Knien
Macht Euren Scheiss-Krieg ohne ihn
Ich hab ihn plattgeliebt
Glücklich und matt
Dass er keine Kraft mehr
Zum Aufstehen hat
Er kriegt die Stiefel nicht mehr an
Nicht fürn Irak und nicht fürn Iran


Oh, oh - oh, oh
Plattgeliebt mit seinen weichen Knien
Oh, oh - oh, oh
Macht Euren Scheiss-Krieg ohne ihn

Ey Schwestern, nehmt Euch wieder mal vor
Make love, not war
Und wenn einer doch mal hingehen will
Dann kommt der sexuelle Overkill
Auf die Matratze
Am Tag einhundert Mal
Das ist ja wohl besser als fundamental
Für religiösen Wahn und George W.'s Kohlen
Wird keiner meinen Süssen aus'm Bett rausholen

Oh, oh - oh, oh
Plattgeliebt mit seinen weichen Knien
Oh, oh - oh, oh
Macht Euren Scheiss-Krieg ohne ihn

Oh, oh - oh, oh
Plattgeliebt mit seinen weichen Knien
Oh, oh - oh, oh
Macht Euren Scheiss-Krieg ohne ihn

Oh, oh - oh, oh
Für Euer Drecks-Militär
Oh, oh - oh, oh
Geb ich meinen Mann nicht mehr her

Text und Musik: Udo Lindenberg

Klasse, nicht wahr? Mit Gracia hat aber sicherlich die Kandidatin gewonnen, die international die größten Chancen besitzen dürfte. Netter Song, der an Cranberries Zomby erinnerte. Wenigstens ein etwas versöhnliches Ende eines ziemlich schrecklichen Fernsehabends.

Wünscht mir gute Erholung, Michael

Samstag, März 12, 2005

Ich lerne wieder Fremdsprachen

Ihr werdet euch sicher fragen: Was hat er jetzt schon wieder angefangen?

Ich war gestern im Astra, Essen, und durfte die Verfilmung von "Silentium" von Wolf Haas bewundern. Vorher fragte ich mich, ob Wolf Haas' Skurilität und teilweise schon surrealistischer Humor auf Zelluloid zu bannen. Ja, es geht. Sehr gut sogar.

Josef Hader als abgewrackter Ex-Bulle Brenner ist die Idealbesetzung, und auch Joachim Krol als Bösewicht weiß zu glänzen. Mir wurde seit zwei Jahren die DVD von "Komm süßer Tod" versprochen; angeblich nicht zu erhalten. Jetzt habe ich sie mir selber bestellt und bin guten Mutes, sie innerhalb der nächsten Wochen zu erhalten. Es lohnt sich.

Anbei die Beschreibung des Filmes von den Essener Filmkunsttheatern:

Mit einem Selbstmord, der keiner ist, eröffnet diese zweite Zusammenarbeit von Regisseur Wolfgang Murnberger mit Krimiautor Wolf Haas und Schauspieler Josef Hader nach „Komm, süßer Tod“. Wieder spielt der auch als Kabarettist bekannte Hader den abgebrannten Privatdetektiv Simon Brenner. Der gerät bei seinen Nachforschungen im Milieu von katholischer Kirche und Salzburger Festspielen selbst unter Mordverdacht und entrinnt nur um Haaresbreite einem wenig genehmen Tod. Der skandalträchtige Blick hinter scheinbar wohlgeordnete Kulissen erfolgt dabei mit einer saftigen Portion tiefschwarzer Ironie, bösem Sarkasmus und thrillerhafter Spannung.

Es ist die Witwe (Maria Köstlinger) des angeblich freiwillig in den Tod gegangenen Schwiegersohns des Festspielpräsidenten (Udo Samel), die Brenner den Auftrag erteilt, nach den wahren Umständen des Ablebens ihres Mannes zu forschen. Der nämlich hatte kurz zuvor noch behauptet, während seiner Jugend im Knabenkonvikt von seinem damaligen Erzieher, dem jetzigen Erzbischof von Salzburg, missbraucht worden zu sein. Der Kreuzzug gegen die katholische Kirche scheint jedoch schneller vorbei zu sein als er begonnen hat. Vom Festspielpräsidenten wird später zu hören sein, man müsse „nach so vielen Jahren doch auch mal verzeihen können.“

Spätestens da beschleicht einen der Verdacht, auch der zur Spitze der honorigen Salzburger Gesellschaft zählende Kulturmacher könne nicht ganz so legale Geheimnisse haben. Vermutungen in dieser Hinsicht hat auch Brenner im Laufe seiner Nachforschungen. Welche Rolle dabei der Sportpräfekt Pater Fitz (Joachim Krol) und die im Konvikt für Hausarbeiten zuständigen philippinischen Mädchen spielen, darauf müssen sich auch Brenner und sein Freund Berti (Simon Schwarz) erst einen Reim machen. Dass sie in ein Wespennest voller Intrigen und Gefahren gestochen haben, darüber sind sich beide schon bald klar. Als ein Freund Brenners gelyncht aufgefunden wird, gerät letzterer in der Boulevardpresse unter der Schlagzeile „Ritualmord im rechten Milieu“ ins Visier der Fahndung. Brenner hat die Wahl zwischen Fegefeuer und Hölle.

Für einen Antihelden wie ihn ist es da letztlich wurscht, welchen Weg er geht. Hauptsache, er leidet. Genau dies tut Josef Hader in mitleidsvoller Manier, immer aber mit einem trockenen Spruch auf den Lippen. Abgebrannt bis auf den letzten Heller, gedemütigt von seiner Auftraggeberin (wegen der er kurz zuvor seinen Job als Kaufhausdetektiv verliert) sucht er sein Schicksal mit Joint und Kopfschmerztabletten zu lindern. Immerhin verliert er ob der persönlichen Misere seine Schlagfertigkeit und seinen schwarzen, sarkastischen Humor nicht. Hader beweist einmal mehr, dass er ein großartiger Charakterdarsteller ist.

Doch auch das restliche Personal in „Silentium“ weiß zu überzeugen. Jürgen Tarrach zum Beispiel. Als Opernsänger ist auch er in die obskuren Machenschaften des Festspielbetriebs involviert, seine Methode zur Ölung seines Gesangsorgans mag als selten skurriler Einfall in die Geschichte der Stimmbildung eingehen. Joachim Krol wiederum überzeugt als doppelgesichtiges Unschuldslamm, Anne Bennent hat kurze Auftritte als Brenners personifizierte Kopfschmerztablette. Zum Querdenkertum des wohl überlegten Krimiplots passt schließlich auch ein Gastauftritt des auch im wirklichen Leben in ähnlicher Funktion in Bayreuth engagierten Christoph Schlingensiefs als exzentrischem Festspielregisseur.

Wie schon bei „Komm, süßer Tod“ (der in deutschen Kinos zu Unrecht wenig Beachtung fand) überzeugt „Silentium“ durch seine für österreichische Filme unter der Beteiligung von Josef Hader zu einer Art Markenzeichen gewordenen Mischung aus morbider Bitterkeit, lakonischem Wortwitz und zynischem Verhalten. Dass auch surreale Szenen wie jene von Brenners (Alp)Traum, eine Tischfußballfigur zu sein, Platz in dieser Thrillerkomödie haben, spricht für den künstlerischen Mut des österreichischen Trios Murnberger/Hader/Haas. Nichts dagegen, auch noch die restlichen Romanabenteuer des Privatdetektivs Simon Brenner im Kino erleben zu dürfen.

Thomas Volkmann

Ach, was es mit der Fremdsprache auf sich hat? Da der Film im Original, d.h. im Ösi-Dialekt, gezeigt wurde, blieben einige Passagen für mich unverständlich. Ich finde aber, es lohnt sich, die Feinheiten des Sprachgebrauchs unserer Nachbarn zu ergründen. Ansonsten muß man auf die DVD warten und sich die englische Übersetzung anhören.

In diesem Sinne liebe Grüße von der Sonnenseite des Lebens Michael

Donnerstag, März 10, 2005

Wir sind noch immer nicht in Europa angekommen!

Am Samstag ist es wieder soweit. Deutschland wählt einen Kandidaten, der in das Rennen um die Krone europäischen Liedguts geschickt wird: Der Vorentscheid zum European Song Contest. Dieses Jahr in Kiew.

Großkotzig steht auf der Veranstalterseite: Germany- Douze Points. Wer mit den Regulatiren nicht ganz so vertraut ist: Dies ist die Höchstpunktzahl, die ein Land für einen Kandidaten vergeben kann. Nun halte ich großes Selbstvertrauen und gesunden Optimismus für unabdingbar, will man einen Wettbewerb gewinnen. Und wollten wir nicht gewinnen, brauchen wir ja erst gar nicht anzutreten. Allerdings verheißt die Kandidatenschar, die für Deutschland ins Rennen geschickt wird, nichts Gutes.

Wollte man nicht Profis für diese Aufgabe gewinnen? Schließlich geht es ja auch um Arbeitsplätze, einen Ruck durch Deutschland und überhaupt. Ach so, ist noch nicht Fußball-WM.

Ich persönlich, meines Erachtens nach musikalisch nicht ganz unbeleckt, kenne ganze drei der Bewerber. Gracia und Nicole Säßmilch waren Teilnehmer von Deutschland sucht den Superstar. Zumindest Gracia verfügt über eine ganz anhörliche Stimme; ob das aber für Europa ausreicht. Da wäre noch Orange Blue. Wenn ich mich recht entsinne, wurde mehr über deren Aussehen als die Musik geschrieben. Optimale Voraussetzung. Aber warum sollten abgehalfterte C-Stars nicht auch eine Chance erhalten. Raus aus Harz 4, rein in den Grand Prix.

Obwohl ich im Gegensatz zu vielen anderen die Traumata des letzten Krieges überwunden habe, und mich über einen deutschen Sieg freuen kann: Musiker wie Stefan Gwildis oder Königwerg dürften werden dem Markenzeichen "music made in Germany" zu einem zweifelhaten Ruf verhelfen. Gestern las ich, dass sich auch Ralle Siegel unter Pseudonym unter die illustre Schar gemischt hat. Ist das Leben nicht manchmal hart?

Ich halte schon mal einen Familienpack Taschentücher bereit.

LG aus Dubai Michael

Macht Fernsehen dumm? Pilot

Generell beanwortet: Nein. Lediglich die Beschränkung auf gewisse Formate wie die Gewaltorgie Tagesschau oder das Bekloppten-TV à la Richter Barbara Holt. Es hat aber auch schon eine gewisse Komik, wenn Fälle quasi erst im Gerichtssaal ermittelt werden und Leute nur wegen eines Motivs ein halbes Jahr in Untersuchungshaft gesteckt werden. Aber diese seltsamen Shows formen das Bild der meisten Bürger von unserer Jurisdiktion. Wie wäre es mal mit Abiturprüfungen mit Laienschauspielern? Mathematiklehrerin Dr. Gibbler-Fahrenbeck-Petersen. Die ultimative Horror-Reality-Show. Sechstklässerler werden überraschend abiturgeprüft. Lehrer anderer Schulen stürmen während des Examens den Raum und stellen abstruse Fragen aus anderen Fachgebieten. Die Familien sind anwesend und brechen in Tränen aus. Stoff für große Emotionen.

Allerdings kenne ich auch Leute, die keinen Fernseher besitzen, und nicht gerade als intelligent zu bezeichnen sind. Die selbstgewählte Fernsehlosigkeit scheint eine spätpubtertäre Rebellion gegen das nicht näher definierte Konstrukt Gesellschaft zu sein. Wer's im Alter von 40-50 noch braucht. :-)

Dabei hat das Medium diverse entzückende Kleinode herausgebracht.



Die Serie war und ist saucool. Der junge Johnny Depp und Kollegen ermittelt als Undercovercop an Schulen. Wie oft habe ich mir damals gewünscht, meinem Biolehrer die Polizeimarke mit den Worten unter die Nase zu halten: "Ich bin kein Schüler. Dr. R., ich verhafte sie wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit."

Nur die Frisuren erinnern manchmal an die Grausamkeit der 80er-Jahre Mode. Es ist wirklich seltsam, dass z.B. Kylie Minogue heute mit Mitte 30 wesentlich sexier aussieht als in ihrer Jugend. Was ein Styling doch alles ausmacht.



Die erste Mysteryserie überhaupt. Interessierte es eigentlich überhaupt jemanden, wer Laura Palma wirklich umgebracht hat? Die Figuren waren an Skurilität nicht zu überbieten, die Drehbücher wirkten teilweise wie LSD-Visionen und die Darstellerinnen sahen zum Anbeissen aus. Ich verliebte mich natürlich in die Böse Audrey Horn. Leider unerwidert. Obwohl ich fast alle Lynch-Filme mag, war Twin Peaks immer mein Favourite. Das war Erlebnisfernsehen. Leider schob Lynch noch den unsäglichen Streifen "Twin Peaks - Der Film" nach, der sicherlich seine schlechteste Arbeit ist. Ich hoffe, dass auch noch die nächste Staffel auf DVD erscheint.



Als der Sender Vox gegründet wurde, hatten sie noch den Anspruch "anderes" Fernsehen zu machen. Taten sie auch. Ausgerechnet Alaska war ein weiteres Highlight meiner Fernsehbiographie. Die Figuren dieses TV-Mikrokosmos' waren exzellent designt. Joel, der arrogante New Yorker, der in alaskanischer Einöde sein Stipendium unter abenteuerlichen Bedingungen arbeiten mußte. Maurice, ehemaliger Astronaut und Patriot, der für alles steht, was uns Europäern an den USA befremdlich vorkommt. Holing Vincour, sechzigjähriger Kneipier liiert mit der zwanzigjährigen Dorfschönheit Shelly. Ed Chigliac, Indianer mit Vorliebe für großes Kino. Oder Adam, Vietnamveteran und Meisterkoch. Daraus ergab sich Stoff für witzige Unterhaltung und große Gefühle.

Wie sehr die Serie bewegte und bewegt, sieht man daran, dass es noch heute Bürgerrechtsbewegungen gibt, die eine Wiederholung der Serie fordern:

Dr. Fleishman soll wieder Erythrozyten zählen

Zu recht!!!



Eine weiteres Highlight der Fernsehgeschichte. Haha, nein, die Serie lief oft vor RAN, da man ohne Verlust auf den Videotext mit den aktuellen Bundesligaergebnissen schalten konnte.

Das Setting war die High Society von Beverly Hills. Leider versäumte es Produzent Spelling gute Figuren, gute Plots, gute Schauspieler oder wenigstens gut aussehende Schauspielerinnen ins Konzept zu integrieren. Jason Priestlys Mimik ließ vermuten, dass seine schauspielerischen Vorbilder in Actiongrößen wie van Dame, Schwarzenegger oder Seagull lagen. Nun, die konnten wenigstens kämpfen. Diese Serie wurde vollkommen zu recht bisher nicht wiederaufgelegt. Auch kam keiner der Akteure mit anderen Rollen später groß raus. Manchmal gibt es doch noch Gerechtigkeit.

Mehr die Tage. LG aus Houston /Texas Michael

Dienstag, März 08, 2005

Träume erfüllen leicht gemacht - der einfache Weg ins Glück

Wie manche von euch wissen, habe ich ein Manuskript zur mentalen Gedankenkontrolle verfasst, dass demnächst im Bohmeier Verlag erscheinen wird.

Um euch einen kleinen Vorgeschmack zu geben, habe ich einen kurzen Artikel über Huna für Anfänger verfasst, den ich unter Dateien in die Yahoo Group eingstellt habe. Einfach rechts klicken, sich anmelden und die Datei runterladen.

Mit Hilfe dieser simplen Methode habe ich u.a. Jobs, Geld, Buchverträge, Parkplätze und, und, und manifestiert. Wer mit offenem Geist an die magische Arbeit herangeht, wird viel Spaß haben und mehr als angenehme Überraschungen erleben.

Einen großen Erfolg erlebte ich bei meinem vorletzten Arbeitgeber. Ich äußerte den Wunsch einer Gehaltserhöhung und mein damaliger Chef gewährte mir tatsächlich die immense Summe von 100 DM brutto. Ich dachte nur, dir werde ich es zeigen. In spätestens einem halben Jahr habe ich eine Arbeit, bei der ich das Doppelte verdiene. Und drei Monate später hatte ich sie; ohne bewußtes Zutun. Damals hatte ich keine Ahnung von magischen Manifestationstechniken. Heute ist mir klar, wie das funktioniert haben muss.

Auch Freunde und Geschwister hatten mit ähnlichen Manifestationsmethoden enormen Erfolg. So ist meine Schwester eine Spezialistin für Parkplätze, wie sie neulich stolz erzählte. Als dies bekannt wurde, bot ihr die Stadtverwaltung Hannover einen hochbezahlten Posten an, um gute Standorte für Parkautomaten aufzuspüren. So profitiert sie in zweierlei Hinsicht von ihrer Gabe: Freie Parkplätze und ein hohes Salair.

An dieser Stelle nochmals vielen Dank an Martin für die Korrektur des Buches. Wenn es ihn nicht geben würde, müßte ich ihn manifestieren. .-)

Wer andere ganz einfache Einstiegslektüre ins Thema haben will: Bärbel Mohr: Der kosmische Bestellservice. Zwar einfach geschrieben; aber es funktioniert.



Allerdings verhält es sich mit Wünschen genau wie mit allen anderen Dingen: Wenn ihr das Buch lest und "kritisch" sagt, das funktioniert sowieso nicht, habt ihr recht. Wenn ihr unvoreingenommen an die Dinge herangeht, sie ausprobiert, wird euer momentanes wissenschaftliches Weltbild auf den Kopf gestellt.

In diesem Sinne sonnige Grüße aus der Provence Michael

Hypnotische Newsletter

Ich habe diveres Mailinglisten und Newsletter abonniert. Ihnen verdanke ich meine Kenntnisse, wie man in 30 Minuten ein Auto repariert, einen Millionenbestseller in 2 Tagen schreibt oder eine Viehzucht in Texas ohne Steuerzahlungen aufzieht. Sollte es irgendein Randgebiet menschlichen Wissens geben, fragt mich.

Wenn ihr Geld braucht: Ich kenne einige nigerianische Diplomaten, die größere Summen Schwarzgeld außer Landes bringen müssen, und sich bei eurer Hilfe extrem erkenntlich zeigen. Oder ihr könnt individualisierte Kinderbücher erstellen; der Download der Infos von der Seite des Franchisegebers kostet nur läppische 50 € Schutzgebühr.

Wenn ich mich entspannen will, kommen die Newsletter meiner Freundinnen Sandy, Gina oder Tiffany gerade recht:

>>Nancy und Georgie sind wieder auf Tour und erleben ein frivoles Abenteuer
nach dem Nächsten. Entweder sind es junge Girls und Georgie muss dann immer
zwei Spalten stopfen, oder auch Paare und dann geht die feucht-versaute Lust
natürlich richtig ab. Da wird fleißig der Partner gewechselt, natürlich
immer unter dem Motto: Alles kann und nichts muss!

Wenn Du jetzt auch "könntest", dann "musst" Du aber auch erstmal was tun,
denn so ganz ohne Anmeldung geht es bei uns nicht, aber es sind nur wenige
Klicks bis zu einem besonderen, sehr sinnlichen und ein bisschen perversen
vergnügen. Aber mal im Ernst... ein wenig verdorben sind wir doch alle,
oder!?<<

Ich kann mich zwar nicht erinnern, diesen "Newsletter" bestellt zu haben, aber die Anwendung hypnotischer Sprachtechniken haben die Damen drauf. Ambiguitäten, Konfusionstechniken, die ganze Palette des guten Milton Erickson. Vielleicht erhalte ich diese Informationen deshalb. :-)

Und wenn ihr euch gespannt nach Entspannung sehnt, atmet einfach tief durch, klickt auf diesen Link und denkt: Mit Sina fühle ich mich richtig gut.

In diesem Sinne liebe Grüße und einen sonnigen Tag Michael

Montag, März 07, 2005

Liebe, Lachen, Tod

War in der letzten Woche zwei Mal im Kino.

Hitch, der Date-Doktor, ist eine sympathische Komödie mit Will Smith und Kevin James, dem King of Queens.

Der Datedoktor bringt die Kommunikation seiner trotteligen Klienten so auf Vordermann, dass sie bei ihren angebeteten Damen landen können. Leider verläuft sein eigenes Liebesleben eher chaotisch: Er verliebt sich in eine Klatschkolumnistin, die die Identität des Datedoktors aufdecken will.

Der Film ist zwar voller Klischees und etwas vorhersehbar, doch sorgen eine Menge guter Gags und großartig aufgelegte Hauptdarsteller für gute Unterhaltung.

Der Fluch ist das Hollywood-Remake eines japanischen Schockers. Eine amerikanische Praktikantin stellt im Haus einer bettlägerigen alten Dame in Tokio seltsame Dinge fest. Mehr zu verraten, wäre schon zu viel. Ein wirklich gekonnter Psychothriller, der nichts für schwache Nerven ist. Die wichtigste Frage des Films: Wer stirbt eigentlich nicht? Die Antwort müsst ihr euch selber im Kino eurer Präferenz holen.

Lustig fand ich, dass im Cinemaxx auch die türkische Übersetzung des Titels angezeigt wurde. Der gute Wille ehrt zwar, aber was nützt die Kenntnis des türkischen Titels, wenn der Film in Deutsch gezeigt wird?

Eyvallah Michael

Sonntag, März 06, 2005

Zur Hölle mit PC!

Ich war schon immer ein Gegner von political correctness. Was für eine Welt wird dem Zuschauer bzw. Leser vorgekaukelt, in der nicht mehr graucht, gesoffen oder geflucht wird. Ein kurzer Blick in eine Talkshow verrät, dass Realität anders aussieht. Außerdem widerstrebt es mir, dass ich als Raucher im Film nur eine Bösewichtsrolle zugeteilt bekäme. Okay, hat auch seine Reize, wird aber der Bandbreite meiner komplexen Persönlichkeit nicht gerecht. :-)

Allerdings wirken Texte, die auf PC keinen gesonderten Wert legen, in unserer Zeit auch oft befremdlich. Aus Recherchegründen tat ich mir am Samstag den Roman "Die lebende Legende" von Starautor Jason Dark an. Wem das nichts sagt: Dark ist Verfasser der legendären Heftchenreihe um den Geisterjäger John Sinclair. Strotzt wirklich vor unfreiwilliger Komik.

In dem Sammelband "Transsylvanische Verschwörung. Acht spannende (sic) Gruselabenteuer" fand ich auf Seite 42 f. folgendes Zitat:

>>Als wir eintraten, wandten sich die Köpfe der meisten Anwesenden uns zu. Es waren nur Männer vertreten. Und zwar schöne Männer. Schlank, schmalhüftig, so richtig nach Mode und Werbung duftend. Sie trugen Sachen, die ich nie anziehen würde. Hier einen Schal, da eine Rüsche, ein Käppi, Pumphosen und sehr weit geschnittene Hemden.

Das waren wirklich Schönlinge, die sich an der Theke drängten und über ihre Problemchen diskutierten. San Francisco hat ja den Ruf, Hochburg der Homos zu sein. Hier wurde dieser Ruf bestätigt.

"Ei, ei, ei, wer kommt denn da?", wurden wir von einem schwarzhaarigen Typen angesprochen, wobei er gleichzeitig mit seinen künstlichen Wimpern klimperte.

"Wir sind die Osterhasen", erklärte ich, als ich mich an ihm vorbeidrängte, denn ich hatte im Hintergrund sitzend einen japanischen Gast erkannt. Das war bestimmt Oziko.
"Dann habt ihr ja eure Eier mit", rief der Schwarzhaarige und lachte hell über seinen Witz.>>

Ein Hammer, wie der Autor auf subtile Art und Weise seine Homophobie zum Ausdurck bringt. Ich könnte noch diverse andere Zitate beibringen, die Darks krude Weltsicht erhellen. Aber dieses habe ich am meisten genossen.

Warme Gefühle aus dem kalten und verschneiten Ruhrgebiet

Samstag, März 05, 2005

Fremdsprache in 60 Minuten erlernen

Die Versprechen, innerhalb in wie kurzer Zeit eine Fremdsprache gelehrt wird, übertreffen sich gegenseitig an Rekorden. Französisch in 30 Stunden? Easy. Italienisch in 7 Tagen. Null problemo.

Mir sind diese Zeiten viel zu lang. In meinem VHS-Kurs erlernen Sie 90% einer Fremdsprache in 60 Minuten! Mein pädagogisches Konzept: Nun, die Gramatik ähnelt der altbekannten deutschen vermischt eventuell mit einigen Kanakfloskeln wie z.B. Alter, Earny, usw.

Initiert wurde meine neue Profession durch Erwerb der Fiftyfifty-Zeitung. Diese Art von Zeitung findet man in jeder deuschten Großstadt. Sie dient zur Finanzierung der Obdachlosen und ist von der Intention und auch der redaktionellen Arbeit eine rundum gute Sache.

Dort fand ich in der März-Ausgabe den Artikel "Breiter, dichter, higher! Kiffen - eine Hassliebe". Wirklich lustig! Vor allem das hintenangestellte Kiffer-ABC, das ich nun in VHS-Kursen für angehende Potheads lehre. Wer fühlt sich schon in einer Szene wohl, in der er sich nicht verständigen kann. Hier die gebräuchlichsten Ausdrücke lt. Fiftyfifty, mit denen sie sofort vom neuen Freundeskreis akzeptiert werden:

Kiffen = Cannabis in Form von Drogen konsumieren
Joint, Tüte = selbst gedrehte Marihuana-Zigarette
Luffi = selbst gebastelter Filter für den "Joint"
Bong / Blubber = Wasserpfeife
Gras, Weed = Marihuana
Dope, Shit, Peace = Haschisch
Schwarzer (Afghane) = bestimmte, qualitativ hochwertige Haschischsorte
Breit, stoned, high, dicht sein = sich im Rauschzustand befinden
Kopfschuss = Anwendungsvariante: Man klemmt den Joint umgekehrt zwischen die Zähne und pustet einer anderen Person den Qualm in den Mund
Trip = Erlebnisse unter Drogeneinwirkung
Absturz = schlechter "Trip" verbunden mit Übelkeit, Furcht einflößenden Halluzinationen etc.; auch: sozialer Abstieg als Folge von Drogenabhängigkeit
Chillen = entspannen
Fresskick = extremer Appetit
Lach- und Laberflash = unkontrolliertes, lang anhaltendes Gelächter und Hang zu vielem, teilweise sinnlosem Reden als Folge von Cannabiskonsum
Filme fahren = Halluzinationen haben
Ticken = Drogen verkaufen

Diese Vokabeln prägen Sie sich bitte genaustens ein. Wir schreiben demnächst einen kleinen Test darüber.

Sollten Sie meinen, Kiffersprache sei nichts für Sie, da Sie nicht die Absicht haben, sich in der Szene zu tummeln: Fremdsprachen bilden und machen sich gut bei einer Bewerbung. Außerdem können Sie auch im Bekanntenkreis mit Ihren multikulturellen Kenntnissen glänez.

In diesem Sinne guten Lernerfolg Michael

Eigene Identität

Beinahe wäre ich letztes Jahr aus Ägypten nicht heimgekehrt. Schuld daran
wäre eine Mitarbeiterin der Air France gewesen.

Beim Check In in Kairo blickte sie auf mein Ticket, dann auf meinen Pass und
meinte trocken "You can't go with this flight. That's not you."
Verblüfft und verwirrt fragte ich:" Why is that not me? Pardon?"
Dieses Pardon sah sie als Beleg meiner überragenden französischen
Sprachkenntnisse. Diese würde ich trotz eines Franzäsisch-LKs als nicht
einmal rudimentär bezeichnen.
Wieder zurück auf der englischen Sprachebene dämmerte mir langsam der Grund
ihrer Konfusion. Auf ofiziellen Dokumenten wird mein Name mit ß geschrieben.
Allerdings unterzeichnet jedes Familienmitglied seit Urzeiten mit ss. Da
aber die Schreibweise der Tickets und des Passes nicht übereinstimmten,
waren für die Dame der Ticket- und Passeigentümer zwei verschiedene
Personen. Auch die Vorlage meiner Kreditkarten und des
Krankenversicherungsausweises wollten sie nicht von ihrer Meinung abbringen.
Ich bat sie dann sehr bestimmt, ihren Vorgesetzten zu holen. Ihre Cheffin
blickte dann kurz auf Pass und Ticket, zeigte meiner Sachbearbeiterin das
Scheibenwischerzeichen, und alles war wieder im Lot.

Somit war ich beruhigt, doch keine gespaltene Persönlichkeit zu sein.

In diesem Sinne einen wunderschönen Tag Michael

Freitag, März 04, 2005

Wer meinen grandiosen Auftritt bei N24 verpasst hat, braucht nicht mehr zu weinen

Im Sommer letzten Jahres machte sich ein Fernsehteam von N24 auf zu meiner Wahlheimat LA und drehte eine zweistündige Dokumentation über Bestsellerautoren bei der Arbeit.

In lockerer Athmosphäre nahe der Warner-Brothers-Studios verriet ich einige Tipps und Kniffs für angehende Newcomer. Zudem stellte ich meine 94 Thesen zu Leben, Liebe und Romankomposition erstmals vor, die bereits in den Kanon der deutschen Literatur Einzug fanden.

Für alle, die die Dokusoap unter dem Titel "Bei Schriftstellers zu Hause" verpasst haben, oben ein Link mit einem etwa zweiminütigen Ausschnitt.

Viel Spaß dabei Michael

Eigene Identität

Beinahe wäre ich letztes Jahr aus Ägypten nicht heimgekehrt. Schuld daran
wäre eine Mitarbeiterin der Air France gewesen.

Beim Check In in Kairo blickte sie auf mein Ticket, dann auf meinen Pass und
meinte trocken "You can't go with this flight. That's not you."
Verblüfft und verwirrt fragte ich:" Why is that not me? Pardon?"
Dieses Pardon sah sie als Beleg meiner überragenden französischen
Sprachkenntnisse. Diese würde ich trotz eines Franzäsisch-LKs als nicht
einmal rudimentär bezeichnen.
Wieder zurück auf der englischen Sprachebene dämmerte mir langsam der Grund
ihrer Konfusion. Auf ofiziellen Dokumenten wird mein Name mit ß geschrieben.
Allerdings unterzeichnet jedes Familienmitglied seit Urzeiten mit ss. Da
aber die Schreibweise der Tickets und des Passes nicht übereinstimmten,
waren für die Dame der Ticket- und Passeigentümer zwei verschiedene
Personen. Auch die Vorlage meiner Kreditkarten und des
Krankenversicherungsausweises wollten sie nicht von ihrer Meinung abbringen.
Ich bat sie dann sehr bestimmt, ihren Vorgesetzten zu holen. Ihre Cheffin
blickte dann kurz auf Pass und Ticket, zeigte meiner Sachbearbeiterin das
Scheibenwischerzeichen, und alles war wieder im Lot.

Somit war ich beruhigt, doch keine gespaltene Persönlichkeit zu sein.

In diesem Sinne einen wunderschönen Tag Michael

Was zum Teufel bedeuten manche Träume?

Ich erinnere mich selten an Träume. Doch heute nacht wachte ich
schweißgebadet auf. Was war passiert?
Eine Bekannte aus München wollte ein Huhn scheren. Richtig, normalerweise
rupft man Hühner. Sie hatte jedoch ein Gerät in der Hand, mit dem man Schafe
schert, und wollte dieses auf das Federvieh anwenden.
Ihr Bruder wollte sie davon abhalten; meine Schwestern unterstützten ihr
Vorhaben. Zum Ende des Traumes, der übrigens in einer von Hecken geprägten
Kleingartenlandschaft spielte, rannte sie mit dem Huhn unter dem Arm weg.
Hinein ins grüne Labyrinth.

Was bedeutet nur dieser seltsame Traum? Eine auf deutsche
Kleinbürgerspießigkeit adaptierte Vorbereitung auf ein Voodooritual wie in
Angel Heart? Für Ratschläge bin ich dankbar und wünsche all meinen Lesern
einen fantastischen Tag und ein schönes Wochenende

Michael

Isch habe fertig! Neues von meiner Lektüreliste



Ross Macdonald steht eindeutig in direkter Nachfolge zu Chandler und Hammett. Allerdings fehlt ihm ein wenig die Sprachgewalt der Vorbilder und Detektiv Lew Archer ist auch für mein Empfinden auch ein wenig zu sympathisch. Der nette Onkel von nebenan.

In diesem Roman von 1964 flieht ein Jugendlicher aus einer Besserungsanstalt. Kurz darauf flattert den besorgten Eltern, Vater hochdekorierter Soldat, eine Lösegeldforderung ins Haus. Der Plot nimmt mehrere überraschende Wendungen und fordert einige Leichen, über die Lew Archer teilweise wörtlich stolpert.

Fazit: Ein handwerklich guter Krimi, der den Leser ohne erhobenen Zeigefinger hinter die Fassaden der amerikanischen Gesellschaft blicken lässt. Durchaus lesenswert.



"Sicher ist nur der Tod" ist ein wahrer Pageturner. Ich fühlte mich an Kindheitstage bzw. -nächte erinnert, wo ich mit dem Kopf unter der Bettdecke die Abenteuerromane Stevensons oder Mays verschlang, ohne Rücksicht auf den zu erwartenden Wachheitsgrad am nächsten Schultag.

Eine Versicherungsvertreterin unterzeichnet eine Auszahlung über 12 Mio. Dollar. Anschließend verschwinden sie und der Versicherungsnehmer. Ex-Cop Max Stillman und Versicherungsstatistiker John Walker werden auf ihre Spur im Auftrag der McMaren Life angesetzt. Die Fährte führt sie schließlich in ein idyllisches Dorf und endet in einer erbarmungslosen Treibjagd auf die Ermittler.

Das Ende des Romans ist zwar etwas unrealistisch, aber wen juckt's. Der Roman produziert Überdosen an Adrenalin in den Adern und ist brillant erzählt. Extrem lesenswert.

Isch habe fertig! Neues von meiner Lektüreliste



Ross Macdonald steht eindeutig in direkter Nachfolge zu Chandler und Hammett. Allerdings fehlt ihm ein wenig die Sprachgewalt der Vorbilder und Detektiv Lew Archer ist auch für mein Empfinden auch ein wenig zu sympathisch. Der nette Onkel von nebenan.

In diesem Roman von 1964 flieht ein Jugendlicher aus einer Besserungsanstalt. Kurz darauf flattert den besorgten Eltern, Vater hochdekorierter Soldat, eine Lösegeldforderung ins Haus. Der Plot nimmt mehrere überraschende Wendungen und fordert einige Leichen, über die Lew Archer teilweise wörtlich stolpert.

Fazit: Ein handwerklich guter Krimi, der den Leser ohne erhobenen Zeigefinger hinter die Fassaden der amerikanischen Gesellschaft blicken lässt. Durchaus lesenswert.



"Sicher ist nur der Tod" ist ein wahrer Pageturner. Ich fühlte mich an Kindheitstage bzw. -nächte erinnert, wo ich mit dem Kopf unter der Bettdecke die Abenteuerromane Stevensons oder Mays verschlang, ohne Rücksicht auf den zu erwartenden Wachheitsgrad am nächsten Schultag.

Eine Versicherungsvertreterin unterzeichnet eine Auszahlung über 12 Mio. Dollar. Anschließend verschwinden sie und der Versicherungsnehmer. Ex-Cop Max Stillman und Versicherungsstatistiker John Walker werden auf ihre Spur im Auftrag der McMaren Life angesetzt. Die Fährte führt sie schließlich in ein idyllisches Dorf und endet in einer erbarmungslosen Treibjagd auf die Ermittler.

Das Ende des Romans ist zwar etwas unrealistisch, aber wen juckt's. Der Roman produziert Überdosen an Adrenalin in den Adern und ist brillant erzählt. Extrem lesenswert.

Donnerstag, März 03, 2005

Über den eigenen Schatten mit Hilfe von Schlümpfen springen

Dürfen nur kleine Kinder Schlümpe kaufen? Mir geht es ein wenig auf den Sack, dass Mann beim Erwerb kleiner blauer Plastikfiguren schiefer angeschaut wird als im Sex-Shop beim Kauf der kompletten Gina-Wilde-Kollektion. Ich will nicht näher darauf eingehen, dass die Dame jetzt Mikaela Schaffrat oder so heißt und ernsthafte Schauspielkunst betreibt. Höhö. Ach, Schriftstellrin ist die Frau auch :-)

Als großer Bruder hat man ja so seine Pflichten, u.a. größeren seelischen Schaden von den Geschwistern abzuwenden. So bekam ich vor kurzem eine verzweifelte SMS meiner kleinen Schwester: "Bei McDonalds in Hannover ist Schlumpfine ausverkauft. Bitte, bitte schau mal nach, ob Du sie irgendwo auftreiben kannst. Bin am Ende. A."

Ich konnte mich nicht so ganz in die düstere Schwere dieses Problems einfühlen; aber fest stand: Da war jemand verzweifelt und brauchte meine Hilfe.

Am nächsten Tag stiefelte ich also auftragsgemäß in den McDonalds auf der Königstr. in Duisburg. In dieser Filiale sehen die Thekenkräfte nicht wie üblich aus, als hätten sie eine Schule noch nie von innen gesehen. Eine nettes rothaariges Mädchen fragte mich, was sie für mich tun könne.

"Ich hätte gerne zwei Schlumpfinen." Zur Erläuterung: Eines wird zum eigenen Plaisir gesammelt, das andere ist Anlageobjekt.
"Oh, zwei Schlumpfinen.!?" Das Mädel grinste übers ganze Gesicht, wie auch ihre Kolleginnen.
Ich fühlte mich in Erklärungsnotstand. "Äh, ja, ist für meine kleine Schwester. Die sammelt Schlümpfe und ist ganz traurig..."
"Natürlich, die kleine Schwester. Hätten wir auch gleich drauf kommen können", freuten sich die Damen im Chor.
Leider war nur noch eine Schlumpfine da. Die fürsorgliche Frage, ob ich das überleben würde, bejahte ich optimistisch.

Gut, dass ich nicht erzählt habe, dass meine "kleine" Schwester bereits 27 ist und kurz vor ihrem zweiten Uniabschluss steht. .-)

Es macht wirklich Spaß, über den eigenen Schatten zu springen.

Ich geh jetzt wieder mit meiner Schlumpfsammlung spielen und wünsche Euch einen tollen sonnigen Tag. Michael

Was für Leute verfassen Rezensionen im Internet? Eine Danksagung.



Diese Frage wurde im Freundeskreis schon oft diskutiert. Ich gebe zu: Ich selber verfasse auch Rezensionen beim größten deutschen Internetbuchhändler. Dies hat reine Publicitygründe.

Aber, was sind das für Menschen, die meist anonym Bücher und CDs, mit denen sie offensichtlich intelektuell überfordert waren, mit Dreck bewerfen? Andererseits gibt es auch Fans, die zweifelhafte Erzeugnisse wie Daniel Küblböcks Ergüsse in den höchsten Tönen loben. Nun, im Internet darf jeder seine Meinung kundtun; und das meistens kostenlos. Es sind wahrscheinlich dieselben Leute, die bei Umfragen auf den Videotextseiten an Abstimmungen teilnehmen wie "Soll Schröder weg?". Endlich will mal jemand ihre Meinung wissen. Und da sie dafür 50 Cent zahlen, weiß der Betrachter, dass er ein repräsentatives Meinungsbild erhalten hat. 325 der ´dümmsten Deutschen wollen, dass Schröder abdankt, 275 der dümmsten wollen, dass er bleibt. Wirklich interessant.

Ich habe mir auch schon oft überlegt, kostenpflichtige Polls auf meiner HP zu implementieren. Für 1 Euro pro Stimme (ist ein Premiumprodukt) könnt Ihr Eure Meinung bekunden, ob alle Gänseblümchen in Deutschland vernichtet werden sollen, ob Digitaluhren abgeschafft werden sollen, oder Blut wirklich dicker als Wasser ist. Interessiert mich wirklich. :-)

Doch ich schweife ab. Lustig fand ich folgene Rezension zu unserem Buch Schafe & Killer:

Weder cool noch unterhaltsam sonder einfach nur schlecht, 30. Januar 2005

Geärgert habe ich mich, dass ich auf die vielen positiven Bewertungen gehört habe. Gibt es tatsächlich Leser, die dieses Buch cool oder unterhaltsam finden? Ich jedenfalls mag keinen "Helden" der ein unsympatischer Kotzbrocken ist und stolz beschreibt, wie eine Prise Koks seine sexuelle Leistungsfähigkeit steigert, während er mit einer ehemaligen Mandatin schläft. Geradezu ekelerrekend fand ich die Stelle, als ein Gast von ihm von einen Killer erschossen wurde, der dachte, er hätte unseren "Helden" vor der Flinte. Die verspitze Hirnmasse lässt unseren "Helden" natürlich vollkommen kalt (ein Polizist kotzt sich beim Anblick des Opfers die Seele aus dem Leib) und er denkt nur daran, dass er seine Bibliothek teilweise von der rosagrauen Masse reinigen muss. Das alles wird aber noch getoppt durch die absolute Unfähigkeit unseres "Helden". Er ist so dämlich, dass er einem von ihm erprügelten Geständnis glaubt und seiner Auftraggeberin erzählt, ihr Sohn wäre der Haupttäter, was zur Folge hat, dass Sohnemann von der anfangs fälschlicherweise Verdächtigten umgebracht wird. Dabei hat der Herr Detektiv ein Video in Händen, welches zeigt, dass der Sohn unschuldig ist. Auf die Idee, 'mal einen Blick auf das Video zu werfen, kommt unser Superheld aber nicht. Und diese Pfeife von Dektiktiv beschreibt großkotzig, wie er, um etwas für seine Bildung zu tun, den Tractatus logico-philosophicus von Wittgenstein liest. Da hätte er wohl lieber einige Agatha Christie Romane lesen sollen. Wenn er dann noch am Ende des Buches volltrunken durch die Gegend torkelt und seiner Angebeteten entgegenlallt "Isch liebe Disch!" und beide dann in einen langen intensiven Kuss versinken, kann ich nur sagen: gut dass dieser Mist nur 163 Seiten hatte.

Was könnte dies für ein Mensch sein?

Der erste Satz verrät, dass er sich auf die Ansichten anderer Leute verlässt. Okay, würde ich als Kandidat bei "Wer wird Millionär" bei Gebrauch des Publikusjokes auch machen. Ansonsten verstehe ich aus Bewertungen schon herauszulesen, ob mir ein Buch, Film oder eine CD gefällt. Erhält ein Film eine vernichtende Bewertung mit dem Kommentar "Dünnes Drehbuch mit fulminanten Actionszenen", weiß ich, dass ein schöner Kinoabend garantiert ist. Ich mag aber auch andere Filme, um Misverständnissen vorzubeugen. Fazit: Wer zunächst unkritisch die Meinung anderer adaptiert, ist selber schuld.

Im zweiten Satz verrät er einiges über seine Persönlichkeitsstruktur: Der Detektiv ist ein Kotzbrocken, weil er seine sexuelle Leistungsfähigkeit mit Hilfe von Kokain beim Geschlechtsakt mit éiner ehemaligen Mandantin steigert. Ich lass mal offen, ob der R. das inhaltlich so ganz verstanden hat. Jedenfalls scheint Steigerung der sexuellen Leistungsfähigkeit, Sex an sich, Sex mit einer früheren Kundin verwerflich zu sein. Was ist das für ein Weltbild? Leben wir Erwachsene in einer Schlumpfwelt ohne Geschlechtsteile? Der Rezesent anscheinend. Der freudsche Verschreiber Dektitiv sagt einiges über die verquere Gedankenwelt des Verfassers aus.

Der Rest der Kritik legt seine offene Antipathie für Nannen dar. Ist sein gutes Recht. Ich mag persönlich den Oskar aus der Belchtrommel ebensowenig. Ich würde ihn aber nicht als "Kotzbrocken", "Pfeife" oder "Großkotz" beleidigen. Aber vielleicht war es die Absicht des Autoren, eine Figur genauso wie sie ist zu designen.

Eine Rezension über einen Berndorf.-Roman verrät noch mehr:

Ich war mehr als einmal versucht, das Buch in die Ecke zu legen und nicht weiter zu lesen. Dies liegt daran, dass im Mittelpunkt der Geschichte ein Bundeswehrdepot steht und der Autor, Jacques Berndorf, die Geschichte dafür verwendet, seine Ressentiments gegenüber der Bundeswehr zum Ausdruck zu bringen. Tja, und da ich selbst einmal für 15 Monate Wehrpflichtiger war, fühlte ich mich erstaunlicher weise öfters angegriffen. Denn immer wieder werden die Soldaten als saufende, leicht debile Schläger dargestellt, die faschistoidem Gedankengut nicht abgeneigt sind. Und so habe zumindest ich die Bundeswehr nicht kennen gelernt. Dennoch "kriegt der Autor die Kurve" und es erschien letztendlich glaubhaft, die Soldaten so darzustellen.

Aha. Bücher sind Angriffe auf die Persönlichkeit des Verfassers. Sagt das nicht alles? Allerdings halte ich es für gut, dass auch solchen Personen, die Möglichkeit gegeben wird, ihre Meinung kundzutun. Ob für 50 Cent pro Vote bei SAT1 oder kostenlos bei Amazon. Die Verkaufsplatzierung von Schafe & Killer schnellte bei Erscheinen der Rezension sofort um 1000 Plätze nach oben. Danke, danke, danke.

Mittwoch, März 02, 2005

Mitternacht in Frankreich



Da das Wetter zur Zeit im Ruhrgebiet (und wirklich von Dortmund bis Duisburg) zur Zeit grausam ist, bin ich in den nächsten Billigflieger nach Nizza geflogen, und sitze nun bei angenehmen 25 Grad + (!) am Strand. In der rechten Hand ein Glas kühlen Bordeaux, auf den Knien das Laptop. Vor mir einige dunkelhaarige Beauty Queens aus Paris, die mit den Füßen die Wasserqualität testen.

"Come here! I'm nice" Nee, scheint doch zu stimmen, was man über die Vorurteile der Fanzosen gegenüber anderssprachigen Menschen sagt. Okay, habe eh keine Zeit. Ich schwelge nämlich in nostalglischen Gefühlen.

Waren das nicht herrliche Zeiten als in der Bravo der Song der Woche mit Übersetzung abgedruckt war. Was? Gibt es noch heute? Ich hab schon lange keine Bravo mehr gelesen. Ist nicht so ganz meine Musik und nackige Frauen gibt es in den St. Pauli-Nachrichten wesentlich mehr. Sagte man mir. :-)

Gibt es denn gar keine Zeitschrift für Leute meines Alters, wo gute Songtexte mit Überssetzung abgedruckt werden? Wäre doch eine Marktlücke. Naja, wahrscheinlich mehr Lücke als Markt.

Ich zünde mir eine Gitane an, huste, und es fällt mir wie Schuppen von den Augen. Wir leben doch im digitalen Zeitalter mit Babelfisch. Ihr kennt keinen Babelfisch? Nein, nicht das knuffige Übersetzungstierchen aus "Per Anhalter durch die Galaxis" sondern das nicht weniger reizende Ungetüm von der Google-Seite, das uns die Vorteile der linguistischen Globalisierung offenbart. Wenn Ihr es nicht kennt, seid Ihr aber wenigstens so alt, dass Ihr Euch an die tollen Bravoübersetzungen erinnert. Zu den Zeiten als noch der Starschnitt von Kim Wilde und Banglesposter das Jugendzimmer zierten.

Und ich lass mir doch gleich mal Rebell Yell vom guten alten Billy Idol übersetzen. What a song. Was für ein kreuzgeiler Text. Deutsch noch besser als im Englischen.

Hier ist das kongeniale Resultat von Babelfish:

LYRICS BILLY IDOL

"Rebellischer Yell"

Gestern Abend kam ein kleiner Tänzer dancin ' zu meiner Tür
Gestern Abend kam ein kleiner Engel pumpinkreuz mein Fußboden
Sie sagte "gekommen auf Baby, das ich eine Lizenz für Liebe erhielt
Und wenn sie abläuft, beten Sie Hilfe von oben genanntem "

In der Mitternachtstunde schrie sie "mehr mehr mehr"
Mit einem rebellischen Yell schrie sie "mehr mehr mehr"
Im midniightstundenbaby "mehr, mehr, mehr"
Mit einem rebellischen Yell- "mehr, mehr, mehr"
Mehr, mehr, mehr.

Sie mag nicht Sklaverei, sitzt sie nicht und bittet
Aber, wenn ich müde und einsam bin, sieht sie mich, um zu Bett zu gehen
Was Sie frei einstellte und Sie holte, ich zu sein Baby
Was Sie frei ich einstellte, benötigen Sie Sie hören durch mich
Weil

In der Mitternachtstunde schrie sie "mehr mehr mehr"
Mit einem rebellischen Yell schrie sie "mehr mehr mehr"
Im midniightstundenbaby "mehr, mehr, mehr"
Mit einem rebellischen Yell- "mehr, mehr, mehr"

Er lebt in seinem eigenen Himmel
Sammelt ihn, um von den sieben elf zu gehen
Brunnen ist er aus aller Nacht zum Sammeln eines Fahrpreises
Gerade so lang, gerade so lang verwirrt er nicht herauf sein Haar.

Ich ging der Bezirk mit Ihnen, Baby
Tausend Meilen mit Ihnen
Ich trocknete Ihre Risse der Schmerz, Baby
Millionmal für Sie

Ich würde meine Seele für Sie Baby verkaufen
Für das Geld zum Brennen mit Ihnen
Ich würde Sie alle geben und keine, Baby habe
Gerade gerade, justa, justa zum Haben Sie hier durch mich
Weil

In der Mitternachtstunde schrie sie "mehr mehr mehr"
Mit einem rebellischen Yell schrie sie "mehr mehr mehr"
Im midniightstundenbaby "mehr, mehr, mehr"
Mit einem rebellischen Yell schrie sie "mehr mehr mehr"
Mehr, mehr, mehr.

Kleines Baby OH- yeah
sie wünscht mehr
Mehr, mehr, mehr, mehr, mehr.

Kleines Baby OH- yeah
sie wünscht mehr
Mehr, mehr, mehr, mehr.

Fühlt Ihr Euch auch in die Kleinstadtdisko irgendwann Mitte der Achtziger zurückversetzt? Erinnert Ihr Euch an die rote blitzförmige Luftgitarre? Yeah, Baby, more, more, more, more, more.

Ich überlege, ob ich meine zaghaften Annährungsversuche an die Strandschönheiten vom Babelfisch auf Französisch übersetzen lassen soll, trinke aber dann doch nur lieber meinen Wein aus, klappe mein Notebook zusammen und gehe mit leuchtenden Augen und himmlischen Klängen im Ohr unter dem Dach des Sternenhimmels zurück zu meinem Hotel.

MP3 Server gefunden

Nach schier endloser Suche und unnötigen Anmeldungen (dieser Server erlaubt keine MP3s) bin ich fündig geworden: http://www.g4.gs/index.php
 
100 MB Speicherplatz und Dateienupload bis zu ca. 5 MB. Herz, was willst du mehr. Habe dann sofort Kleinode der Prym-Aioli-Productions und Martin-Springenberg-Productions für Euch zum Download zur Verfügung gestellt.
 
Allerdings sind auf den kompletten CDs noch viel mehr und viel bessere Stücke enthalten. Alleine Mickey Idols Aufruf zum Weltfrieden an George Bush mit Don't need a gun sollte sich niemand entgehen lassen. Alles Haute Cuisine im Desert Beach Studio zubereitet. Lecker!

 

 

 

Neue Herausforderung trotz Atlantisrings

Der sogenannte Atlantisring bringt dem Träger immerwährendes Glück, glaubt man der Sage. Der Ring wurde vom französischen Ägyptologen Marquis d'Argain um 1860 im Tal der Könige enteckt. Die geometrischen Figuren sollen Unglück, Krankheiten, Stress usw. vom Träger abhalten. Laut d'Argain liegen die Ursprünge dieses Rings in der sagenumwobenen Stadt Atlantis. Wer Interesse hat: www.atlantisring.com. Der Goldschmied ist ein wirklich cooler Sack, wie man bei uns so sagt.

Seit etwa einer Woche bin ich auch stolzer Träger eines solchen Ringes. Und bereits am Sonntag wurde er auf eine harte Probe gestellt.

Ich war mit Freunden in Düsseldorf verabredet. Gut gelaunt unter Dick Brave Beschallung aus dem CD-Spieler gondelte ich übers Breitscheider Kreuz Richtung Düsseldorf. Auf einmal veränderten sich meine Fahrtgeräusche und zeitgleich griff das Gaspedal nicht mehr. Keine Ahnung, hatte ich noch nie erlebt. Als ein Fahrer neben mir Richtung Reifen zeigte, schwante mir Übles. Da an dieser Stelle kein Seitenstreifen vorhanden war, schlich ich mich noch 500 Meter weiter bis zu einem freien Platz neben der Fahrbahn. Der rechte Vorderreifen hing in Fetzen von der Felge.

Was tun? Nun, selbst ist der Mann. Ich kramte den Ersatzreifen aus seiner Verkleidung, den Wagenheber und ein Teil, dessen Zweck sich mir auf den ersten Blick verschloss. Ich schaffte es auch, den Wagenheber unter das Auto zu transportieren. Als ich allerdings das Auto weiter aufbocken wollte, versagten meine Hände. Mhm.
Ich rief meine Freundin Sanja an, die mir die Nummer vom ADAC gab.

Leider kein Mitglied mußte ich erstmal die Aufnahmeprozedur über mich ergehen lassen. Nachdem ich Konfektionsgröße, Lieblingsfilm und sexuelle Vorlieben preisgegeben hatte, wurde mir fest zugesichert, dass in den nächsten Stunden ein Helfer sich meines Problems annehmen würde.

Ich dachte, hey, wenn der Atlantisring schon nicht meinen Reifen heilemachen kann, sorgt er bestimmt dafür, dass der Kerl vom ADAC in den nächsten zehn Minuten eintrifft. Resultat: Nach acht Minuten parkte ein gelber Wagen hinter mir. Der Fahrer war zwar extrem brummig, wozu ich eigentlich eher das Recht gehabt hätte; aber die Panne war innerhalb von weiteren zehn Minuten behoben. Jetzt begriff ich auch, wozu dieses Metallteil bestimmt war: Damit konnte der Wagenheber bedient werden, und mein Auto ließ sich wirklich höher als fünf Millimeter bewegen.

Eine halbe Stunde saß ich bei Rowein und Pizza bei meinen Freunden in D'dorf-City.
Fazit: Der Atlantisring ist wirklich ein Glücksbringer, eignet sich allerdings aus meiner Sicht nicht zum Erhalt technischer Gegenstände.

In diesem Sinne einen warmen sonnigen Tag Michael

Ein Prost auf Bloggers!

Ich gebe es zu: Ich bin stinkfaul. Die Aktualisierung meiner HP nahm immer längere Zeit für uninteressanten Grafikkram in Anspruch, der sowieso nicht auf Anhieb klappte. Daher ließ ich in der Vergangenheit meine Seite für längere Zeit "unberührt" vor sich hin dümpeln. Dies hatte natürlich auch auf die Besucherzahlen Einfluss. Wer interessiert sich schon für eine Seite, die immer gleich aussieht. Schließlich sind auch Frauen, die jeden Tag im Jahr die gleichen Klamotten tragen, selten begehrenswert. :-)

Vor kurzem wies der Kollege Marcus Starck in der Syndikats-Mailingliste auf das Blogger-System hin. Ich sah es mir an und war sofort begeistert. Ich schreibe eine Mail an die Bloggerseite, und diese postet die Mail, ohne dass ich mich mit a hrefs und und dergleichem rumschlagen muss. Wahnsinn!

So kann ich ohne großen Aufwand Neues posten. Von jedem Fleck der Erde.

Dies wäre z.B. nützlich gewesen, als ich mich letztes Jahr im November in Ägypten aufhielt. Arafat war gerade verstorben. Ein Mitreisender rief seine Frau an, die sich ganz besorgt nach unserem Wohlergehen erkundigte. Schließlich hätte die Tagesschau Bilder von Straßenkämpfen und Menschenaufläufen in Kairo gezeigt. Schade, dass wir von all dem nichts mitbekommen haben.

Manche haben vielleicht den großartigen Film "Wag the dog" mit Robert de Niro und Dustin Hoffman gesehen. Der Präsident der USA hat wieder einmal eine Praktikantin im Oral Office vernascht, und seine kurz bevorstehende Wiederwahl ist gefährdet. Nun, als Ablenkungsmanöver inszeniert das Fernsehen mal eben einen kleinen Krieg in Albanien. Kann eh keiner nachprüfen. Eine Satire, die m.E. nach 1:1 unsere heutige Medienrealität widergiebt.

Jedenfalls hätte ich mit Hilfe einer Mail an Bloggers auf meiner HP mal eben den besorgten Familienangehörigen und Freunden mitteilen können, dass ich noch keinem Selbstmordattentäter zum Opfer gefallen bin. Zumindest hoffe ich, dass es besorgte Menschen gab und gibt.

In diesem Sinne trinke ich einen Latte Macchiato in einem ruhigen Vorort Bagdads auf Bloggers.

sy Michael

Dienstag, März 01, 2005

Wie werde ich ein erfolgreicher Autor? Von einem, der es wissen muss

Da ich diese Frage andauernd von Kolleginnen / Kollegen gestellt bekomme, deren Schubladen von Manuskripten, Fragmenten und Enzyklopädien von Gedichten überquellen, gebe ich heute die ultimative Antwort.

Zunächst muss ich immer mit dem NLP-Metamodell die Frage stellen: Was verstehst Du unter Erfolg? Ein Stephen King definiert Erfolg wahrscheinlich anders als ein Günter Grass (obwohl ich bezweifele, dass ein Buchclubschriftsteller das noch macht) oder Erna Kaluppke aus Bottrop-Boy, die ihre Erfahrungen aus dem letzten Krieg schriftlich niedergelegt hat. Meistens kommt schnell heraus, dass es den meisten erstmal um die Veröffentlich geht. Wie werde ich veröffentlicht?

Aha. Diese Frage ist schnell beantwortet. Du hast eine Tante, die einen gutgehenden Verlag besitzt, und der das Risiko eines Flopps egal ist. Hast Du? Okay, die Sache dürfte ein Selbstläufer werden.

Hast Du nicht? Pech gehabt. Trotz Talents, guter Ideen und eines brillanten Romans wirst Du wahrscheinlich nie veröffentlicht werden.

Wie kann es doch mit der Veröffentlichung klappen? Engagiere einen Voodoopriester, erwerbe ein Radionikgerät mit integriertem Chi-Generator oder kaufe zumindest Bärbel Mohrs Buch "Bestellungen beim Universum" und arbeite es sorgfältig durch. Den meisten Menschen erscheint dieser Vorschlag zu esoterisch abgedriftet zu sein, als dass sie ihn befolgen würden. Wenn ich allerdings die Geschichte unserer ersten Veröffentlichung betrachte, halte ich ihn für den einzigst praktikabelen.

Unser erstes Buch entstand aus einer Bierlaune heraus. Martin und ich spielten gemeinsam in einer Band, die durch die Unzuverlässigkeit der meisten anderen Bandmitglieder nur mäßigen Erfolg hatte. Uns kam der Gedanke, etwas zu machen, wofür wir alleine verantwortlich und damit gezwungenermaßen erfolgreich wären. Ja, ich weiß es! Das war vollkommen naiv.

Aber worüber schreiben. Es gab vor Urzeiten die Kultserie "Ausgerechnet Alaska" auf Vox und RTL. Die Geschichten waren originell, die Charaktere Unikate und die Dialoge knallten. Das Grundkonzept verlegten wir ins Münsterland und der arrogante, aber nicht unsympathische Arzt wurde zum Detektiv. Genial, ich klopf mir noch heute auf die Schulter.

Trotz des überragenden Grundkonzepts war dieser Roman allerdings grottenschlecht. Trotz einiger durchaus gelungener Elemente dümpelte die Handlung durchsichtig vor sich auf einen mehr als schwachen Höhepunkt hin. Wir waren allerdings so elanvoll, dass zwei weitere durchaus ansehliche Romane folgten. Alles Manuskripte wurden als zusammengehefte Kopien an fast alle Freunde und Bekannte verteilt. Von den meisten erfolgte durchaus positives Feedback und heute werden diese Mappen zu horrenden Preisen bei Ebay versteigert.

Durch Zufall traf ich dann eines Tages meinen früheren Deutschlehrer wieder, zu dem ich immer schon ein gutes Verhältnis hatte. Ich schickte ihm unser erstes Buch mit dem lahmen Titel "Berufswechsel & Konsequenzen". Er war únverständlicherweise so begeistert davon, dass er es dem Verleger eines bekannten Regionalkrimiverlags in Dortmund schickte, den er persönlich kannte. Ihr erinnert Euch an die Tante mit dem Verlag? Genauso fühlte ich mich damals.

Die Antwort des Verlagers war allerdings ernüchternd: Das Buch sei sexistisch. Wenn er so was verlegen würde, würde keine Frau mehr ein Buch aus seinem Verlag lesen. Bums. Unser Konzept hatten wir als Antithese zum körnerfressenden Altachtundsechzigerdetektiv der Neunziger verstanden. Anscheinend war die Zeit nicht reif. Da allerdings keine unserer weiblichen Bekannten ähnliche Aussagen zu Protokoll gegeben hatten, nahmen wir die Kritik nicht allzu ernst und schrieben in einer großen Marketingoffensive die Verlage an.

Das Ergebnis war ernüchternd. Nur Formbriefe mit Absagen. Der einzige etwas persönlich gehaltene Brief tat kund, dass jener Verlag nur Krimis mit literarischer These (diese Floskel wurde aber nicht näher erläutert) veröffentliche. Wir sollten uns doch mal einige Bücher aus seinem Verlag zu Gemüte führen, um gute Krimis kennenzulernen. Gott sei Dank für unsere weitere literarische Zukunft war ein Prospekt mit verheißungsvollen Titeln wie "Der Glöckner am Glockenseil" oder "Die Katze mit dem Messer im Bauch" beigefügt.

Doch eines Tages, die Sonne strahlte, die Rotkehlchen jubilierten und der Flieder blühte bekamen wir eine Zusage. Dem Jasmin-Eichner-Verlag in Offenburg hatte unser Buch so gut gefallen, dass sie es veröffentlichen wollten. G E I L! Wir vereinbarten einen Termin zur Vertragsunterzeichnung und begaben uns ins etwa 600 km entfernte Offernburg,

Jasmin Eichner war eine durchaus nicht unsympathische, energische Frau Ende der 30er. Allerdings vermittelte sie nicht den Eindruck, dass sie unser Buch gelesen hatte. Na gut, hatte vielleicht einer ihrer Lektoren gemacht. Dann kam der Pferdefuß: Wir sollten einie gewisse Anzahl von Exemplaren abnehmen, um ihr Risiko zu minimieren. Okay, wir waren Greenhorns was das Verlagsbusiness anging und Diogenes und Ullstein hatten uns abgelehnt. Es schien uns die einzige Möglichkeit zu sein, unser Buch unters Volk zu bringen.

Wir unterzeichneten den Vertrag, obwohl 2000 DM pro Person für einen Studenten und einen Berufsanfänger ziemlích viel Kohle waren. Zum Glück gab mir meine Oma noch etwas dazu. Wenn Enkel schon mal ein Buch schreibt, mußte er auch unterstützt werden. Tja, auf meine liebe Oma konnte ich mich immer verlassen.

Leider hörten wir nach der Überweisung des Geldes nichts mehr von dem Verlag. Bei Anrufen war Frau Eichner immer außer Haus und etwa zwei Monate nach Vertragsunterzeichung kam ein Schreiben vom AG Offenburg, dass Frau Eichner Konkurs angemeldet habe. Wie ein späteres Schreiben der Staatsanwaltschaft erhellte, hatte sie auch bereits vor unserer Vertragsunterzeichung das gesamte Anlagevrmögen wie die Druckerei in liquide Mittel umgewandelt und alles war weg. Doll.

Der Höhepunkt war dann ein Brief von Frau Eichner, in dem sie über ihr hartes persönliches Schicksal klagte und den ehemaligen Autoren den Beitritt zu einer Auffanggesellschaft unter ihrer Geschäftsführung nahelegte. Mit 6.000 DM war man dabei. Unverständlicherweise sollen einige Autoren diesem Aufruf gefolgt sein. Wir waren erstmal von dem Abenteuer Buchveröffentlichung geheilt.

Erst Jahre später stolperten wir über das Herstellungsverfahren BoD. Damit konnten Bücher zu überschaubaren Preisen produziert werden. Es klappte auch alles schnell und unkompliziert und nach ca. drei Monaten hatten wir unser eigenes Buch in der Hand. Unser primäres Ziel war es nun, die ungefähr 700 Euro Produktionskosten wieder hereinzuholen.

Der Anfang war mühsam. Martin rannte mit einem Bauchladen durch seine Firma und vertickte Bücher. Ich stellte mich in der Duisburger Fußgängerzone neben den Verkäufer der Obdachlosenzeitung und betrieb Werbung übers Megaphon, als wäre ich Kandidat bei Big Boss mit Reiner Calmund.

Doch durch Mund-zu-Mund-Propaganda verkaufte sich das Buch langsam von alleine. Nach einem Jahr hatten wir die Herstellungskosten im Sack und schrieben schwarze Zahlen. Natürlich gab es auch Leute, denen das Buch nicht gefiel. Gerade die Deutschen sind ja ein "kritisches" Volk, das lieber den 20. Mankell-Aufguss liest, als sich etwas neuem zu öffnen. Aber die Misanthrophen waren doch eher in der MInderheit.

So schickten wir unsere anderen Manuskripte unter Hinweis auf die guten Verkaufszahlen erneut an die großen Verlage, u.a. auch an Regionalkrimiverleger aus Dortmund.

Und genau an meinem Geburtstag im letzten Jahr kam der Brief. Allerdings wieder nur eine Absage. Aber persönlich. :-) Das Buch sei zwar nett; aber zu langweilig. Angsichts der sonstigen oft gesichtslosen Produkte dieses Verlages rief diese Einschätzung nur unser Kopfschütteln hervor. Sind Bücher, in denen der Autor sämtliche Straßen Recklinghausens aufzählt spannender als ein actiongeladener humoriger Thriller?

Nun, Martin meinte jedenfalls, er hätte nichts anderes erwartet. Woraufhin ich erwiderte, wer weiß wofür das gut ist.. Und das stellte sich bereits zwei Tage später heraus. Eine Mail von einer Andrea Wildgruber (an dieser Stelle heißen Dank, Andrea!) lag in meinem Briefkasten. Sie sei an unserem Buch interessiert. Ich solle ihr das doch mal zuschicken. Diese Andrea war Lektorin beim Ullstein-Verlag, wie sich bei einem Telefonat herausstellte. Ich schickte ihr gleich alle vorhandenen Bücher der Reihe zu. Und nach etwa drei Monaten erhielten wir dann den Vertrag zugeschickt. Und wir erhielten sogar Geld dafür und mußten nichts zahlen. Wow.

Unser erstes Buch wurde mit Hilfe von Lothar Strüh (danke, Lothar!) aufpoliert und ist wirklich ein fulminanter, ungemein witziger Krimi geworden. Wer hätte das gedacht.

Dies ist also mein für jeden gangbarer Weg zu Ruhm und Erfolg. Wenn Du keine reichte Tante hast, veröffentliche Dein Buch selber, bewirb es, so dass es sich gut verkauft. Ach, und glaub immer an dich selber. Sonst tut es eh keiner. Die Verlage klopfen dann von selber an deine Tür.

in diesem Sinne sy Michael

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